Vom kleinen Balkonkraftwerk bis zur großen Freiflächenanlage: Mit dem Solarpaket 1 hat der Bundestag im Frühjahr 2024 an vielen Stellschrauben gedreht, um die Solarenergie in Deutschland zu stärken. Aber was bedeutet das genau und für wen hat es Auswirkungen? Wir haben euch die wichtigsten Infos zusammengestellt: für Photovoltaik auf und an Gebäuden (inklusive Balkonkraftwerken und Mieterstrom) und für den Ausbau auf Freiflächen.
PV-Ausbau auf und an Gebäuden
Balkonkraftwerke: für alle, die auch ohne (eigene) Dachfläche Solarenergie nutzen wollen
Balkonkraftwerke bringen die Energiewende in die Städte. Dank ihnen können auch Menschen ohne Eigenheim und Dachfläche eigenen, sauberen und günstigen Solarstrom produzieren. Und: Sie sind dank des Solarpakets 1 jetzt deutlich unbürokratischer geworden. Kein Wunder also, dass die Nachfrage in den letzten Monaten förmlich explodiert ist.
Die Vereinfachungen im Überblick:
- Anhebung der Wechselrichter-Grenze von 600 Watt auf 800 Watt
- Wegfall der Anmeldung der Anlage beim Netzbetreiber
- Einfache Anmeldung im Marktstammdatenregister bei der Bundesnetzagentur ist ausreichend und wird auf wenige einzutragende Daten beschränkt
- Übergangsweise werden ältere rückwärtsdrehende Zähler geduldet, bis ein geeichter Zweirichtungszähler installiert wird
Größere Dachflächen: für Inhaber von (Gewerbe-)Immobilien mit viel Platz für größere PV-Anlagen
Wer eine größere (Gewerbe-)Dachanlage mit 40 bis 750 kW betreibt, erhält dank des Solarpaket 1 eine um 1,5 c/kWh höhere Einspeisevergütung.
Darüber hinaus sind Betreiber:innen von großen Dachanlagen (bis Ende 2025 für Anlagen bis 400 kWp, für Neuanlagen ab 2026 bis 200 kWp) nicht mehr zur Direktvermarktung verpflichtet. Wer viel selbst verbraucht, und nur geringe Überschussmengen hat, kann diese an den Netzbetreiber abtreten – unvergütet, dafür aber ohne bürokratischen Aufwand der Direktvermarktung.
Ab 2026 gibt es für sehr große Solaranlagen auf Dächern (über 750 kW) eine neue Regel: Sie müssen an Ausschreibungen teilnehmen, die dreimal pro Jahr stattfinden. Dabei wird entschieden, welche Anlagen eine Förderung bekommen. Insgesamt stehen jährlich 2,3 Gigawatt (Ausschreibungsvolumen) zur Verfügung, die gleichmäßig auf die drei Termine verteilt werden.
Mieterstrom: für alle, die ihren Mieter:innen grünen und günstigen Strom vom Dach anbieten wollen
Solaranlagen für Mieterstrom durften bislang nur auf oder in Wohngebäuden stehen und auch nur Wohngebäude mit Solarstrom versorgen. Das Solarpaket 1 hat das Mieterstrommodell ausgeweitet und ermöglicht jetzt die Einbindung von gewerblichen Gebäuden und Nebenanlagen wie Garagen, solange die öffentlichen Netze nicht genutzt werden.
Zusätzlich wurden Vereinfachungen bei der sogenannten Anlagenzusammenfassung verabschiedet. Bisher konnten unter bestimmten Umständen mehrere Photovoltaikanlagen auch auf unterschiedlichen Dächern zusammengefasst und als eine Anlage betrachtet werden. Dies hatte zusätzliche Anforderungen an die Technik und Steuerbarkeit der Anlage zur Folge, die den Betrieb häufig erschwert haben. Im Solarpaket 1 sind nun Ausnahmen für Dachanlagen hinter verschiedenen Netzanschlusspunkten geregelt – beispielsweise in größeren Gebäuden mit mehreren Treppenaufgängen und Netzanschlüssen.
Übrigens: Auch wir von Green Planet Energy setzen Mieterstromprojekte um. Dank Solarpaket 1 jetzt noch einfacher.
Mehr über Mieterstrom erfahren →
Neu: die gemeinschaftliche Gebäudeversorgung
Mit der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung enthält das Solarpaket 1 eine Art unbürokratischere Version des Mieterstrommodells. Mit ihr muss der Anlagenbetreiber weniger Pflichten erfüllen, bekommt im Gegenzug aber keinen Mieterstromzuschlag für den Betrieb der Photovoltaikanlage.
Mieterstrom oder gemeinschaftliche Gebäudeversorgung: Was sind die Unterschiede?
Betreiber
Gem. Gebäudeversorgung
- Vermieter:in
- Wohnungseigentümerschaft
- Immobiliengesellschaften
- Genossenschaften
- Energieversorger
Mieterstrom
- Vermieter:in
- Wohnungseigentümerschaft
- Immobiliengesellschaften
- Genossenschaften
- Energieversorger
Vertragliche Besonderheiten
Gem. Gebäudeversorgung
Ein Gebäudestromnutzungsvertrag regelt das Verhältnis zwischen Betreiber der Anlage und Mieter:innen oder Eigentümer:innen:
- Anlagenbetreiber darf Endverbraucher:in sein
- Keine Kopplung mit dem Mietvertrag
- Legt Aufteilungsschlüssel fest
Mieterstrom
Ein Mieterstromvertrag regelt Verhältnis zwischen dem Betreiber der Mieterstromanlage oder Dritten und den Mieter:innen/Endverbraucher:innen
- Lieferanten dürfen nicht Endverbraucher:in sein
- Keine Kopplung mit dem Mietvertrag
Lieferantenpflicht
Gem. Gebäudeversorgung
- Keine Vollversorgungspflichten, falls Anlage nicht ausreichend Strom erzeugt (Endverbraucher müssen für die Reststrommengen einen eigenen Vertrag mit einem Lieferanten abschließen)
- Teilt Netzbetreiber den Aufteilungsschlüssel mit
- Keine formalen Vorgaben zur Art und Umfang
der Energielieferverträge
Mieterstrom
- Vollversorgungspflicht, falls Anlage nicht ausreichend Strom erzeugt
- Verbraucherschutzpflichten und verpflichtende Angabe der Stromkennzeichnung
- Verpflichtende Vorgaben für Energielieferverträge
Solarförderung
Gem. Gebäudeversorgung
Keine gesonderte EEG-Förderung
Einspeisevergütung für Überschussmengen, die in das Netz eingespeist werden
Mieterstrom
Mieterstromzuschlag nach dem EEG
Einspeisevergütung für Überschussmengen, die in das Netz eingespeist werden
Das Solarpaket 1 unterstützt den PV-Ausbau in der Freifläche
Für Privatpersonen sind die Solarpaket-1-Änderungen im Bereich des Freiflächenausbaus auf den ersten Blick nicht relevant. Hier geht es um große Anlagen, die den Strombedarf von mehreren hunderten oder tausenden Haushalten decken, also kommerziell betrieben werden.
Indirekt sind die Neuerungen aber dennoch eine gute Nachricht für alle, denen Klimaschutz und der Ausbau erneuerbarer Energien am Herzen liegen. Denn sie machen es Unternehmen und Investoren deutlich attraktiver, Freiflächenanlagen zu bauen und in die Solarwirtschaft einzusteigen. Gleichzeitig werden auch Umweltschutzaspekte berücksichtigt.
Höhere Leistungsgrenze
Nachdem kurzzeitig die Leistungsgrenze für die Förderung von Freiflächenanlagen auf 100 MW angehoben und dann auf 20 MW zurückgeändert wurde, liegt sie jetzt 50 MW. Das heißt: Auch größere Anlagen werden nun gefördert.
Vereinbarkeit von Anlagen und Naturschutz
Im Solarpaket 1 sind fünf Umweltschutz-Mindestkriterien definiert, von denen ein Projekt mindestens drei erfüllen muss, um den EEG-Zuschlag zu bekommen. Die Mindestkriterien enthalten Vorgaben zum maximalen Bedeckungsgrad, zur biodiversitätsfördernden Aufwertung sowie zur Pflege der Fläche, zur Durchgängigkeit für Tierarten und zur Verwendung von Reinigungsmitteln. Zudem werden „Besondere Solaranlagen“ stärker gefördert, die zum Beispiel Flächen effizient nutzen oder für zusätzlichen Klimaschutz sorgen. Dazu gehören Agri-, Floating-, Moor- und Parkplatz-Photovoltaik-Anlagen.
Generelle Vereinfachungen im Solarpaket 1
Teilweise Aufhebung der Anlagenzertifikatspflicht
Entbürokratisierung für viele Neu-Anlagen: Für Solarkraftwerke mit einer Einspeiseleistung von bis 270 kW bzw. einer installierten Leistung bis 500 kW brauchen die Betreibende keine Anlagenzertifikate mehr. Diese Zertifikate bestätigen, dass eine Anlage alle gültigen Netzanschlussregeln erfüllt – und sind relativ teuer. Stattdessen reicht jetzt ein vereinfachter (und günstigerer) Nachweis mithilfe von Einheitenzertifikaten.
Vereinfachung für Batteriespeicher
Der Betrieb von Speichern ist nun deutlich flexibler möglich. Diese können jetzt mehrmals im Jahr (unterjährig in einem Zwei-Monats-Rhythmus) zwischen Grau- und Grünstromspeicher wechseln, ohne die Eigenschaft als Erneuerbaren-Anlage und somit auch die Förderung nach dem EEG zu verlieren. Um eine vollständige flexible Einspeicherung zwischen echtem Ökostrom aus EEG-Anlagen und Graustrom aus dem Netz zu ermöglichen, stehen jedoch noch Festlegungen der Bundesnetzagentur aus, die spätestens 2026 erfolgen.
FAQ – Häufige Fragen zum Solarpaket 1
Was bedeutet das Solarpaket 1 für private Solaranlagen?
Für das klassische Einfamilienhaus mit einer PV-Anlage auf dem Dach hat das Solarpaket kaum Auswirkungen. Es beschäftigt sich vor allem mit Freiflächenanlagen (z.B. zur Volleinspeisung ins Stromnetz) und Anlagen auf Gewerbedächern oder Mehrfamilienhäusern.
Lohnt sich eine PV-Anlage auch, wenn die Einspeisevergütung sinkt?
Allgemeingültig lässt diese Frage sich nicht beantworten, weil dabei viele unterschiedliche Aspekte berücksichtigt werden müssen – zum Beispiel die Größe der Anlage und der eigene Stromverbrauch. Besonders, wenn ihr Strom nicht nur im Haushalt, sondern auch zum Beispiel für eine Wärmepumpe oder zum Laden eines E-Autos nutzt, lohnt eine PV-Anlage sich aber so gut wie immer.
Dürfen für eine Wohneinheit mehrere Stecker-PV-Anlagen zur Förderung beantragt werden?
Von Seiten des Bundes werden Balkonkraftwerke nicht gefördert. Wenn es Zuschüsse gibt, dann auf Länder-, Kreis- oder kommunaler Ebene. Wendet euch mit allen Fragen dazu am besten direkt an die für euch zuständigen Stellen.