Klimawahl 2025: Was auf dem Spiel steht und wofür wir uns einsetzen
Die Bundestagswahl 2025 wird richtungsweisend für Klimaschutz und erneuerbare Energien. Erfahrt hier, was die Parteien planen und worauf es ankommt.
Mit einem „Realitätscheck“ will Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche den Ausbau der Erneuerbaren auf den Prüfstand stellen. Ein Grund: Der Stromverbrauch wächst nicht so schnell wie geplant.
Schaut man sich die Ankündigungen von Reiche an, scheinen die Ergebnisse des Energiewende-Monitorings allerdings schon festzustehen: Sie nennt die Ausbauziele der Erneuerbaren „völlig überzogen“ und setzt auf neue Gaskraftwerke. Sollte die Bundesregierung beim Ausbau von Wind- und Solarenergie auf die Bremse treten, ist die Klimaneutralität bis 2045 akut in Gefahr.
Eine von Green Planet Energy und Greenpeace beauftragte Studie zeigt: Wird der Ausbau der Erneuerbaren gebremst, steigen die CO₂-Emissionen in Wärme und Verkehr deutlich an, wenn wir es mit unseren Klimazielen und der ökologischen Transformation ernst meinen. Es fehlt an grünem, günstigem Strom für die Dekarbonisierung. Die Ergebnisse der Studie und eine eigene Berechnung der gesellschaftlichen Folgekosten haben wir euch hier zusammengefasst.
Alle Szenarien zur Klimaneutralität bis 2045 setzen auf eine Elektrifizierung von Wärme und Verkehr. Fossile Energien werden schrittweise komplett durch Strom ersetzt. Dadurch steigt der Bedarf an Strom aus Erneuerbaren Energien stark an.
Momentan hinkt der Absatz von Wärmepumpen und E-Autos allerdings den politischen Ausbauzielen hinterher: Der Wärmepumpen-Absatz hat 2025 zwar deutlich angezogen, liegt aber weiterhin unter dem politischen Ziel von 500.000 neuen Wärmepumpen pro Jahr. Die verschleppte Wärme- und Mobilitätswende sind allerdings kein Zufall, sondern Ergebnis einer langen politischen Blockade. Wollen wir international mithalten und die Dekarbonisierung wirklich vorantreiben, müssen wir den Ausbau der Erneuerbaren konsequent und schnell fortsetzen.
Ein Ausbremsen der Energiewende würde zu weitreichenden wirtschaftlichen Schäden führen: zahlreiche Arbeitsplätze sind bedroht, private Investitionen bleiben aus und die Wertschöpfung in den Regionen sinkt (FÖS 2025). Darüber hinaus droht Deutschland eine Ökostromlücke, wie unsere Studie zeigt. Bremst die Bundesregierung den Ausbau der Erneuerbaren, wird der für die Klimaneutralität benötigte Bedarf an Grünstrom für Wärmepumpen und E-Autos nicht gedeckt.
Das Beratungsinstitut Enervis hat in unserem Auftrag die Auswirkungen eines reduzierten Erneuerbaren-Ausbaus auf die CO₂-Bilanz von Wärme und Verkehr analysiert. Als Vergleichsgröße dienen dabei die bisher geltenden Ausbauziele für Erneuerbare Energien sowie die vereinbarten Ziele für Wärmepumpen und Elektroautos.
Fällt der Anstieg des Stromverbrauchs niedriger aus als von der Ampel-Regierung angenommen und wird der Erneuerbaren-Ausbau deshalb reduziert, fallen im Stromsektor zunächst zwar nur geringfügig zusätzliche CO₂-Mehremissionen an. Allerdings werden dringend notwendige Investitionen in allen anderen Sektoren blockiert. Das zeigt sich besonders bei Wärme und Verkehr: Fehlt es weiterhin an konsequenten politischen Maßnahmen, geht Enervis in einem Szenario für das Jahr 2035 von 6,9 Millionen weniger E-Autos und 3,6 Millionen weniger Wärmepumpe aus als politisch festgelegt.
Dieses Szenario führt zu erheblichen Mehremissionen im Wärme- und Verkehrssektor: Sie summieren sich bis 2035 auf bis zu 381 Millionen Tonnen zusätzliches CO₂. Diese Summe entspricht etwa dem jährlichen CO₂-Ausstoß Australiens. Diese Mehremissionen verursachen bis 2030 gesellschaftliche Kosten in Höhe von bis zu 128 Milliarden Euro. Wird das Wohl zukünftiger und heutiger Generationen gleichwertig berücksichtigt, entstehen sogar Kosten in Höhe von bis zu 358 Mrd. Euro (eigene Berechnung).
Eigene Berechnung unter Berücksichtigung der vom Umweltbundesamt veröffentlichten Klimakosten für das Jahr 2030 in Höhe von 335 €/t CO₂ bzw. 940 €/t CO₂.
Vor allem der viel zu geringe Einsatz von Wärmepumpen sorgt für diese Mehremissionen, gefährdet die Klimaziele und hält viele Menschen in der fossilen Abhängigkeit. Allein im Jahr 2030 werden in diesem Szenario zusätzlich 26 Millionen Tonnen CO₂ im Wärmesektor und 16 Millionen Tonnen CO₂ im Verkehrssektor verursacht. Hinzu kommt, dass die fossilen Energiekosten ab 2027 durch den Europäischen Emissionshandel für Wärme und Verkehr deutlich steigen. Gehen wir von einem prognostizierten CO₂-Preis von bis zu 200 Euro die Tonne CO₂ aus, so entstehen im Jahr 2030 zusätzliche Kosten von bis zu 8,4 Milliarden Euro (eigene Berechnung). Diese Kosten müssen alle tragen, die weiterhin auf Öl und Gas angewiesen sind.
Eigene Berechnung auf Basis von Agora Energiewende und Agora Verkehrswende (2023): Der CO₂-Preis für Gebäude und Verkehr. Ein Konzept für den Übergang vom nationalen zum EU-Emissionshandel.
Weniger Erneuerbare und ein stark steigender Stromnachfrage würden die CO₂-Emissionen insgesamt stark erhöhen. Enervis rechnet bis 2035 mit zusätzlichen 62 Millionen Tonnen CO₂ allein im Stromsektor, weil der zusätzliche Bedarf fossil gedeckt werden müsste.
Viele Gründe sprechen für einen gewaltigen Energiehunger: neben der zunehmenden Sektorenkopplung auch die Grünstahlproduktion, der Bedarf an grünem Wasserstoff, der Boom an KI-Anwendungen sowie Rechenzentren und nicht zuletzt das erhoffte Wirtschaftswachstum (BEE 2025).
Umgekehrt bringt ein Szenario mit einem schnellen Erneuerbaren-Ausbau sogar dann viele Vorteile, wenn die Sektorenkopplung langsamer voranschreitet. Mehr Erneuerbare im Strommix würden dann zusätzliche Emissionen in Höhe von 76 Millionen Tonnen CO₂ einsparen. Überschüssiger Ökostrom kann außerdem in grünen Wasserstoff umgewandelt und in Batterien zwischengespeichert werden.
Last, but not least senken Wind- und Solarenergie den Strompreis: Agora Energiewende hat in einer weiteren Studie aufgezeigt, dass ein schneller Erneuerbaren-Ausbau bis 2030 den Börsenstrompreis um rund 20 €/MWh reduziert. Eine Bremse beim Erneuerbaren-Ausbau würde dagegen zu höheren Strompreisen führen.
Mehr Ökostrom ist der Schlüssel für die Dekarbonisierung in allen Sektoren. Fehlt er, geraten Wärme- und Mobilitätswende ins Stocken. Statt die Ziele für Erneuerbare Energien, Wärmepumpen und Elektroautos herunterzuschrauben, sollte die Bundesregierung alle Anreize auf eine schnelle Elektrifizierung ausrichten. Das Klimaschutzgesetz und das Urteil des Verfassungsgerichts verpflichten die Bundesregierung zur Klimaneutralität bis 2045. Darauf muss die Energiepolitik ausgerichtet sein. Wir fordern:
Lest die von uns und Greenpeace beauftragte Kurzstudie zu den Auswirkungen unterschiedlicher Erneuerbare Energien-Ausbaugeschwindigkeiten auf CO₂-Emissionen in Wärme und Verkehr.
Komplette Kurzstudie