Die aktuelle weltpolitische Situation hat neue Dynamiken in unserer Gesellschaft ausgelöst. Besonders hinsichtlich der Energieunabhängigkeit werden neue Wege beschritten und „alte“ vor dem aktuellen Hintergrund erneut bewertet. Die Nutzung der Atomenergie gehört dazu. Die AEE nahm dies zum Anlass – besonders vor dem Hintergrund des diesjährigen Atomausstiegs – eine Metaanalyse im Rahmen der laufenden Kampagne „Erneuerbar statt atomar“ zu erstellen.
„Der deutsche Atomausstieg 2022 ist längst überfällig und markiert das Ende eines langen Aushandlungsprozesses“, so AEE-Geschäftsführer Dr. Robert Brandt. „Unsere neue Metaanalyse liefert zum richtigen Zeitpunkt einen kompakten Überblick über den aktuellen Stand der Wissenschaft, wie das Energiesystem von morgen gestaltet werden kann.“
Die ca. 25-seitige Publikation beinhaltet einen Szenarienvergleich für die Jahre 2030 und 2045 basierend auf den meistdiskutierten Studien der aktuellen Energiewende-Debatte, die ein breites politisches und inhaltliches Spektrum abdecken. Dazu zählen u.a. die „Klimapfade 2.0“ des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), die Leitstudie „Aufbruch Klimaneutralität“ der Deutschen Energie-Agentur (dena) sowie die Langfristszenarien des deutschen Wirtschaftsministeriums (BMWK). Die Metaanalyse der AEE beschäftigt sich mit den Kernaussagen der genannten Szenarien, wie Energiewende und Klimaschutz auch ohne Atomkraft funktionieren. Sie zeigt, dass bereits eine Vielzahl an Studien untersucht hat, wie eine Vollversorgung aus Erneuerbaren Energien aussehen kann.
Die Metaanalyse kommt durch diesen Studienvergleich u.a. zu folgenden Ergebnissen:
- Energiewende und Klimaschutz sind auch ohne Atomkraft realisierbar. Es existieren verschiedene Pfade zum Erreichen der Klimaziele – der deutsche Atomausstieg 2022 wird in keiner Studie in Frage gestellt. Auch werden keine alternativen „Atom-Szenarien“ durchgespielt.
- Das Erreichen der Klimaschutzziele steht und fällt mit den Erneuerbaren Energien. Vor allem die kostengünstigen und potenzialreichen Technologien Windenergie und Photovoltaik müssen dynamisch ausgebaut werden. Bis 2045 muss die installierte Leistung aus Wind und Solar laut den verglichenen Szenarien auf ca. 433 bis 704 Gigawatt (GW) gesteigert werden.
- Wasserstoff wird eine wichtige Rolle im zukünftigen Energiesystem einnehmen. Es müssen geeignete Rahmenbedingungen für die Erzeugung und Nutzung von Wasserstoff und anderen synthetischen, strombasierten Energieträgern aufgebaut werden, damit diese rechtzeitig in ausreichender Menge und zu vertretbaren Kosten zur Verfügung stehen.
Auch wenn europäische Nachbarstaaten angekündigt haben, verstärkt in Atomkraft zu investieren und aktuell im deutschen Parteiensystem vereinzelte Stimmen nach einer nuklearen Renaissance verlangen, besteht im Rahmen der ausgewerteten Studien ein klarer Konsens darüber, dass Klimaschutz und Versorgungssicherheit nur mit den Erneuerbaren Energien sichergestellt werden können. „Angesichts des furchtbaren Kriegs in der Ukraine müssen wir energiewirtschaftlich stärker umdenken denn je“, sagt Brandt. „Alle führenden Institutionen sind sich einig, dass nicht die Atomkraft, sondern ausschließlich die Erneuerbaren Energien hierfür der richtige Weg sind.
Aktuelle Analysen zeigen zudem, dass die Atomkraft auch kurzfristig keine Abhilfe bei Energieknappheit schaffen kann. Es fehlt an Brennelementen, Personal und Sicherheitsvorkehrungen, die sich gar nicht schnell genug beschaffen bzw. umsetzen lassen, um die noch bestehenden AKWs einfach weiterlaufen lassen zu können. Nicht zuletzt blockiert die Atomkraft durch ihre mangelnde Flexibilität und hohen Kosten eine echte Energiewende.“