Ein Diagramm zeigt, dass 45 % von 4,4 Gt CO? bis 2038 eingespart werden, falls der Kohleausstieg erfolgt und der Ausbau erneuerbarer Energien konstant bleibt.

„Es kann nicht sein, dass die Kohle einen großen Teil unseres ohnehin knappen Spielraums bei den noch möglichen Emissionen auffrisst. Eine Bundesregierung, die zu internationalen Klimazielen steht, muss deshalb schneller als geplant aus diesem schmutzigen Energieträger aussteigen und den Erneuerbaren-Ausbau massiv vorantreiben“, fordert Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy.

Der Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) legt in seinem Anfang der Woche vorgestellten neuesten Bericht dar, dass – beginnend schon 2020 – weltweit nicht mehr als 400 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre gelangen dürfen. Nur dann ließe sich, lediglich mit einer Wahrscheinlichkeit von 67 Prozent, eine Erderhitzung von mehr als 1,5 Grad noch abwenden. Deutschland dürfte entsprechend seines Anteils an der Weltbevölkerung – rund 1,1 Prozent – daher konservativ geschätzt maximal noch 4,4 Milliarden Tonnen des Klimagases emittieren, um dem globalen Klimaziel gerecht zu werden.

Um herauszufinden, wie groß der Anteil der künftigen deutschen Kohleverstromung an diesen Restmengen ist, hat Energy Brainpool die Emissionen aller hiesigen Braun- und Steinkohlekraftwerke stundenscharf modelliert. Dabei haben die Expert:innen den geltenden Abschaltfahrplan des deutschen Kohleausstiegs sowie den geplanten Ausbau Erneuerbarer Energien zugrunde gelegt. Zudem wurde eine langfristig gedämpfte CO2-Preisentwicklung auf etwas mehr als 40 Euro pro Tonne im Jahr 2038 angenommen. Ergebnis dieses Rechen-Szenarios: Die deutschen Kohlemeiler werden – nach aktuellem Kohleausstiegs-Fahrplan und ohne weitere Klimaschutzmaßnahmen – allein zwischen 2022 und 2038 noch 1.989 Millionen Tonnen CO2 ausstoßen. Davon stammt der Löwenanteil von 1.374 Millionen Tonnen aus der Erzeugung von Braunkohlestrom.

„Noch können wir es schaffen, unser CO2-Budget einzuhalten und damit unsere Lebensgrundlagen nachhaltig zu schützen. Das gelingt, wenn wir den Kohleausstieg deutlich beschleunigen – und spätestens 2030 aus der Kohle aussteigen. Oder aber es drohen in anderen Bereichen massive Einschnitte und Restriktionen – wie beim Reisen, bei Gebäuden oder der Landwirtschaft“, sagt Sönke Tangermann. Denn je höher der Anteil der Emissionen der Kohlekraftwerke am CO2-Budget, desto höhere Einsparungen müssen andere Sektoren kurzfristig realisieren.

Abseits der aktuell geltenden Rahmenbedingungen hat Energy Brainpool zwei Vergleichs-Szenarien modelliert: Würde der zugrunde gelegte CO2-Preis auf mehr als 105 Euro pro Tonne verteuert, so dürfte sich der Anteil der Kohle-Emissionen an der deutschen CO2-Restmenge auf immerhin 39 Prozent verringern. „Hohe CO2-Preise leisten einen messbaren Beitrag zum Klimaschutz, zumal sie noch indirekte Effekte wie zusätzliche Ökostrom-Investitionen nach sich ziehen, die wir hier nicht mit eingepreist haben“, sagt Fabian Huneke von Energy Brainpool.

Allerdings warnt der Analyst mit Blick auf ein weiteres Modellszenario: „Besorgniserregend ist die Größe des negativen Effekts, wenn der Ausbau der Windenergie wie in den vergangenen Jahren auf niedrigem Niveau bleibt, gleichzeitig weniger Solaranlagen gebaut werden und zusätzlich der Kohleausstieg über 2038 verlängert werden würde.“ Dann würde der CO2-Ausstoß aus Kohlekraftwerken hierzulande auf 3.243 Tonnen anschwellen – und damit fast drei Viertel des noch vorhandenen deutschen Verschmutzungs-Restbudgets ausmachen.