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EnergiewendeBalkon-Solar: Ein zweites Leben für alte PV-Module

Balkon-Solar: Ein zweites Leben für alte PV-Module

Balkon-Solar boomt! Was bis vor Kurzem eher ein Nischenprodukt im Internet oder Baumarkt war, bieten heute selbst Supermärkte und Discounter an. Offenbar mit großem Erfolg: Die Nachfrage ist so groß, dass die Geräte oft schnell vergriffen sind. Ihr könnt so eine Anlage jedoch auch selbst bauen – und damit alten PV-Modulen ein zweites Leben schenken.

Der Grund für den Boom von Balkon-Solar sind wohl nicht nur die gestiegenen Strompreise bei zugleich sinkenden Preisen für Mini-PV-Anlagen. Hinzu kommen rechtliche Vereinfachungen, die längst überfällig waren – und für die auch wir bei Green Planet Energy jahrelang gekämpft hat.

Die Energiewende im Mehrfamilienhaus

Wer als Mieter:in mit Balkon zur Energiewende beitragen möchte, kann dies mit einer kleinen Balkonsolaranlage aus alten PV-Modulen tun. Damit erzeugt ihr euren eigenen Ökostrom, senkt die Stromkosten und tut zugleich etwas für den Umwelt- und Klimaschutz. Ausrangierte PV-Module eignen sich oft auch noch nach 20 Jahren Betriebszeit zur Produktion von emissionsfreiem Strom. Hersteller garantieren für solche Solarpanels oft noch eine Leistung von 80 Prozent.

Mit alten PV-Modulen auf dem Balkon Ökostrom selbst erzeugen

Upcycling ist in der Regel sinnvoller als alte PV-Module aufwendig zu entsorgen und ihre Bestandteile anschließend wiederzuverwerten. Aus diesem Grund haben wir das Thema auch für unseren digitalen Energiekongress 2022 aufgegriffen und einen Praxis-Workshop mit den Freiburger Vereinen Balkon.Solar und Solare Zukunft e.V. organisiert. Die Referenten Sebastian Müller und Rolf Behringer zeigten live, aus welchen Komponenten sich mit welchen Kniffen solch eine Anlage auch für normal versierte Bastler:innen montieren lässt. Dabei gingen sie auf die zentralen technischen und rechtlichen Details ein. Und natürlich auch auf individuelle Fragen aus dem Auditorium. Damit – und mit dem Video des Workshops – soll einer breiteren Öffentlichkeit das Wissen zugänglich werden, wie aus gebrauchten Solarpanels ein neues Solargerät für Balkon, Terrasse oder ein Vordach entstehen kann.

Es gibt einen Markt für alte PV-Module

Es kommt immer wieder vor, dass beispielsweise bei einer Dachsanierung alte Solarmodule durch neuere ersetzt werden und die gebrauchten dann zum Verkauf angeboten werden. Grundsätzlich eignen sich PV-Module mit einer Spitzenleistung von bis zu 600 Watt (Wp). Standardmodule messen ungefähr 1,65 Meter x 1 Meter und erzielen derzeit eine Leistung von 300 bis 420 Watt. Weitere Komponenten für den Selbstbau sind ein Wechselrichter, Kabel, eine Aufhängung für den Balkon und Werkzeuge. Die selbstgebastelten Balkon-Module (wie auch fertig montierte) könnt ihr auch per Schukostecker ans Hausnetz anschließen. Voraussetzung ist, dass sie über einen per VDE-Norm 4105 zertifizierten Wechselrichter verfügen sowie eine spezielle Schutzvorrichtung (FI-Schalter) vorhanden ist. Die Einhaltung dieser Sicherheitskriterien empfehlen auch Fachverbände wie die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V. und das dort organisierte Forum PVplug.de, das sich schon lange für Balkon-PV starkmacht.

Formalien für Balkon-Solar

Rechtliche Bedingungen

Die rechtliche Lage für Mini-PV-Anlagen hat sich durch Vorstöße des Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, aber auch des für Normung zuständigen Verbandes VDE seit Anfang 2023 stark verbessert. Sie empfehlen, den Anschluss via Schukosteckdose unter den oben genannten Bedingungen zuzulassen – und plädieren für eine generelle Entbürokratisierung. Zudem schlägt der VDE vor, dass für kleine Erzeugungsanlagen künftig eine „Bagatellgrenze“ von 800 Watt gelten soll, der Stromzähler des Haushaltes nicht mehr über eine Rücklaufsperre verfügen muss und die Anlage nicht mehr aufwendig beim Netzbetreiber angemeldet werden muss. Stattdessen sollte sie formlos bei der Bundesnetzagentur angemeldet werden können.

Bei einer festen Montage an der Wand oder einer Balkonbrüstung – die rechtlich als „bauliche Veränderung“ gelten, müssen allerdings weiterhin Vermieter:innen vorab informiert werden. Diese darf laut einem Gerichtsurteil (Amtsgericht Stuttgart AZ 37 C 2283/20) allerdings nicht verwehrt werden, wenn

  • die Anlage fachgerecht und sturmsicher errichtet wird
  • sie leicht rückbaubar ist
  • die Solaranlage optisch nicht stört

Mieter:innen bzw. Anlagen-Bastler:innen müssen sicherstellen, dass von der Anlage keine Brand- oder sonstige Gefahr ausgeht.

Verbrauch und Leistung von Balkon-PV

Der mit Balkon-Photovoltaik erzeugte Strom ist vor allem für den Eigenverbrauch gedacht. Eine Einspeisung ins Netz lohnt sich allein schon wegen des Aufwands zur Errechnung einer Vergütung für den eingespeisten Strom nicht. Die erzeugte Energie kann selbst bei optimaler Ausrichtung der Anlage(n) nach Süden in der Regel nur einen Teil des Strombedarfs abdecken, z. B. für Router, Handy-Ladegerät, Radiowecker, Kühlschrank oder Saugroboter.

Nicht allein decken kann ein Balkon-PV-Modul den Verbrauch von Haushaltsgeräten, die in kurzer Zeit eine hohe Leistung abrufen: etwa Herd oder Waschmaschine. Wenn die Leistung der Balkonsolaranlage nicht ausreicht, ist das aber kein Problem: Der Stromversorger ergänzt einfach die fehlende Menge. Der Balkon kann übrigens auch nach Ost oder West ausgerichtet sein. Die Strom-Ernte fällt dann zwar geringer aus – aber sie kann direkt morgens oder nachmittags genutzt werden.