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Wärmepumpen-Interview (Teil 2): „Die Lage wird sich bald entspannen“

Am Freitag wird der Bundestag voraussichtlich das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) der Bundesregierung verabschieden. Auch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wird aktuell überarbeitet. Die Politik ist ebenso in Bewegung wie der Markt. Wie geht es nun mit der Wärmepumpe weiter? Wir haben Dr. Marek Miara vom Fraunhofer ISE-Forschungsinstitut gefragt, einen der führenden deutschen Experten für diese Technologie.

Dies ist Teil zwei unserer dreiteiligen Interview-Reihe zum Thema. Im ersten Teil am Montag ging es u.a. um fehlendes Wärmepumpen-Wissen und um die Frage, wie Hausbesitzer:innen sinnvolle Entscheidungen über ihr künftiges Heizsystem treffen können:

Was mache ich denn, wenn die Gasheizung meiner Etagenwohnung am Ende ihrer Lebenszeit ist?

Die Technologie entwickelt sich rasch. Spätestens in zwei, drei Jahren gibt es auch standardisierte Lösungen für solche Fälle – sogar mit Propan als Kältemittel. Es gibt großen Druck auf die Industrie, etwa aus der Wohnungswirtschaft, die Wärmepumpen will und selbst nach Lösungen sucht. So beteiligen sich mehrere große Wohnungsunternehmen an einem Entwicklungskonsortium, das die Technologie aus Nutzersicht vorantreibt. Das ist nicht nur technologisch herausfordernd, sondern hängt auch mit der Eigentumsstruktur und Nutzungsfragen zusammen: Wie lange darf ich zum Beispiel jemand als Mieter:in „in Urlaub schicken“, um in deren Wohnung eine Wärmepumpe zu installieren?

Wie lange dauert es noch, bis aus den Entwicklungen wirtschaftlich attraktive Angebote werden?

Bei der Wärmepumpen-Produktion geht es inzwischen um enorme Größenordnungen, sodass die Skaleneffekte – also auch die Auswirkungen auf die Kosten der Geräte – beträchtlich sein werden, sie werden entsprechend sinken. Allein in Deutschland werden die Hersteller kurzfristig geschätzte drei bis fünf Milliarden Euro in die Produktion investieren. Viele haben schon Fabriken gebaut oder bauen gerade. Es investieren aber nicht nur Europäer in Europa, auch internationale Akteure erkennen, dass jetzt in Europa Stückzahlen erreicht werden, die sie früher nur in USA oder Asien absetzen konnten. Das ist ein Zeitenwechsel. Nun kommen Hersteller, die um den Faktor zehn bis 20 größer als unsere Marken sind. Ich war zwar überrascht, dass zuerst der Wärme-Spezialist Viessmann von einem US-Unternehmen übernommen wurde, aber für die Wärmepumpe selbst und deren Verbreitung muss das nicht schlecht sein.

Werden die Gerätepreise nun also rasch sinken?

Die Geräte werden schon ab diesem oder nächstem Jahr günstiger, weil Produktionskapazitäten im Millionenbereich dazukommen. Noch aber sind wir in der Phase, wo zu wenige Wärmepumpe verfügbar sind. Die Preise sind also hoch, auch bei die bei den Installateuren. Aber die Lage wird sich bald entspannen.

Ist es jetzt nicht gerade bei den Installateuren eine kritische Übergangsphase, weil es vielen an Wissen und Erfahrung mangelt?

Lösungen gibt es längst für viele Anwendungsfälle: Wärmepumpen-Montage an einem renovierten Altbau. Foto: © Vaillant

Tatsächlich warne ich gerade davor, dass die Installationswelle derzeit erhebliche Unzufriedenheit mit sich bringen kann, weil in der Masse und bei der Geschwindigkeit angesichts teils unerfahrener Installateure sicher diverse Fehler passieren werden. Selbst dieses Problem könnte aber schlussendlich einen positiven Nebeneffekt haben: Es dürfte infolge einer vorübergehend kritischen Berichterstattung eine Nachfrage-Delle geben, durch die die Wärmepumpenpreise weiter sinken. Besser fände ich natürlich dennoch, wenn die Leute durchweg gute Erfahrungen machten.

Was braucht es für die Wärmewende denn noch außer hohen Produktionszahlen?

Für die noch größere wirtschaftliche Attraktivität fehlen auch neue Businessmodelle. Die Preise bei Wärmepumpen reichen geschätzt von 15.000 bis 50.000 Euro inklusive Installation. In dieser Bandbreite lassen sich neue Angebote schaffen – etwa von Stadtwerken oder Firmen, die ein Standardprodukt günstig bieten, bis hin zu solchen, die nicht die Wärmepumpen selbst verkaufen, sondern „nur“ die Wärme aus dem Gerät, das den Anbietern dann weiter gehört. Solch Wärme-Contracting-Angebote können sich eigentlich schon jetzt viele leisten. Wenn dazu flexible Preise kommen, dass also die Wärmepumpe vor allem dann läuft, wenn viel Erneuerbaren-Strom im Netz und der Strompreis infolgedessen niedrig ist, wird die Dynamik noch weiter zunehmen.

Wie ist denn der aktuelle Stand bei Wärmecontracting?

Ich bin sicher, dass neue Angebote sehr zügig kommen werden, auch für Endkund:innen. Der Druck, eine Vielzahl von Lösungen anbieten zu können, ist einfach sehr groß. Manche Anbieter rechnen damit, dass sich der Kauf von Wärmepumpen durch Hausbesitzer:innen und die Wahl einer Wärmelieferung per Contracting-Modell in etwas die Waage halten werden. Die Anbieter selbst favorisieren den Verkauf, weil sie damit sofort Geld verdienen. Wärme-Contracting hingegen rechnet sich für Anbieter eher langfristig. Da brauchen sie erhebliche finanzielle Reserven und geduldige Investoren, damit sie eine Wachstumsphase mit den Anlaufverlusten bis hin zur Profitabilität überbrücken können.

 

Dr. Marek Miara,    © Fraunhofer ISE

Dr. Marek Miara forscht seit mehr als 20 Jahren am Fraunhofer ISE (Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme) und koordiniert dort als einer der führenden Spezialisten in Deutschland die Arbeiten des Forschungsinstitutes zum Thema Wärmepumpen.