Der lange und lautstarke Heizungsstreit um das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) der Bundesregierung hat viele Wärmepumpen-Käufer:innen derart verunsichert, dass die zuvor hohe Nachfrage eingebrochen ist. Wie entwickelt sich der Wärmepumpen-Markt nun weiter? Wir haben Dr. Marek Miara vom Fraunhofer ISE-Forschungsinstitut interviewt, einen der führenden deutschen Experten für diese Technologie.
Herr Dr. Miara, wie erklären Sie sich die hoch emotionale, teils aber leider fast faktenfreie Debatte über Wärmepumpen?
Was da passiert war, ist typisch für politische Auseinandersetzungen. Da geht es leider oft weniger um Fakten als um Emotionen, weil man so Stimmen zu gewinnen hofft. Ein Grund für die Art der Debatte ist meiner Ansicht nach, dass bei der Wärmepumpe der Umstieg auf diese Technologie gerade Realität wird. Und da wird sie plötzlich nicht mehr vor allem am Maßstab Klimaschutz gemessen, sondern im Hinblick etwa die Geräuschemissionen oder andere technische Aspekte diskutiert. Dazu haben dann auf einmal viele eine Meinung, nicht alle aber ausreichendes Wissen.
Was ist Ihre Erklärung, dass selbst bei eigentlich gut informierten Journalisten das Wissen zu Wärmepumpen noch immer sehr lückenhaft zu sein scheint?
Die zuletzt raschen Entwicklungen bei der Technologie scheinen viele zu überraschen. Auch bei Journalisten kommt nun jedoch an, dass es mit der Wärmepumpe ernst wird. Zugleich ist ihr Wissen teils noch von längst überholten Vorurteilen geprägt. Sie lernen inzwischen, dass Wärmepumpe nicht nur in Neubauten, sondern auch im Bestand funktionieren. Es zeigt sich bei diesem Thema aber leider auch, dass manche Journalisten mit extremen Verkürzungen arbeiten und gerne polarisieren. Das führt zu Verunsicherung. Dabei stehen wir vor der Herausforderung, uns für erfolgreichen Klimaschutz sehr schnell bewegen zu müssen.
Was sind bei der politischen Umsetzung der Wärmewende die Plus- und die Schwachpunkte?
Für die Planung und Priorisierung sind kommunale Wärmepläne wichtig, die jetzt beschleunigt erstellt werden sollen. In Freiburg etwa gibt es bereits eine Planung: Da zeigt der Blick auf eine Karte, wo die – perspektivisch grüne – Fernwärme bereits liegt, wo sie noch kommt und: wo dezentrale Wärmepumpen besser sind. Mit diesem Wissen können Endnutzer gezielter planen. Wir haben aber auch historischen Ballast: Weil das Thema Wärmewende so lange verschlafen wurde und nun alle rasch „das Richtige“ tun wollen, wird bei der Förderung aktuell mit dem „Feuerwehrschlauch“ gearbeitet. Da wird geschaut, was sich am schnellsten umsetzen lässt, nicht nur bei der Technik, sondern auch bei Produktion und Installation – und da wird dann Geld draufgeschüttet. Andererseits: Das ist zwar nicht die effizienteste Methode, wir haben aber aus Zeitgründen gerade keine bessere – wir müssen einfach rasch vorankommen. Und die Folgekosten von Klimaschäden dürften teurer sein als unsere Ausgaben jetzt. Wir sollten also nicht warten.
Wenn es noch keine Wärmeplanung gibt und Kund:innen entscheiden müssen: Wer sollte als erstes zur Wärmepumpe greifen?
Wenn die alte Technik nicht mehr funktioniert, stellt sich sofort die Frage nach der Wärmepumpe. Und dazu: Ist mein Haus dafür geeignet? Wenn das noch nicht der Fall, dann ist aber nicht etwa die Wärmepumpe das Problem, sondern es fehlt zum Beispiel an Dämmung, die eine Mindesteffizienz für einen finanziell tragbaren Wärmepumpen-Betrieb gewährleistet. Wenn ich schnell handeln will oder muss und Effizienz nicht erstes Kriterium ist, sollte man eine Wärmepumpe installieren. Bei einer späteren Verbesserung der Haussubstanz kann sie – eventuell neu eingestellt – dann noch effizienter weiterlaufen. Generell gilt: Immer, wenn ich selbst die Entscheidung treffen kann, sollte ich mich fragen, ob eine Wärmepumpe nicht die passende Lösung für Effizienz und Klimaschutz ist.
Wie beurteilen Sie die Lage bei Mehrfamilienhäusern?
Bei Mehrfamilienhäusern, wo ich in der Regel selbst keine alleinige Entscheidung treffen kann, sollte man, wo immer möglich, die kommunale Wärmeplanung abwarten. Es zeichnen sich inzwischen aber auch für solche Häuser dezentrale Wärmepumpen-Lösungen für Einzelwohnungen ab. Das ermöglicht zwar Lösungen für einzelne Haushalte. Dennoch sollte man sich immer über den Nachteil im Klaren sein, dass es klimatechnisch meist besser ist, wenn mehrere Nachbarn bei der Planung der künftigen Wärme- und Warmwasserversorgung gemeinsam vorgehen. Denn viele kleine, einzelne Lösungen führen so in der Summe zu einem weniger günstigen und effizienten Pfad. Ich rate deshalb von Aktivismus ab – und stattdessen zu einer Planung mit Nachbarn, solange individuell kein akuter Bedarf besteht.
Wenn Sie Ihr Wärmepumpen-Wissen noch vertiefen möchten, empfehlen wir unsere zwölfteilige Blogserie zum Thema Wärmepumpen im Bestand:
1: Wann ist eine Wärmepumpe sinnvoll?
2: Der Faktor „Vorlauftemperatur“
3: Wie viel Sanierung ist notwendig?
4: So effizient sind Wärmepumpen im Altbau
6: Praxistest – Wärmepumpen in teilsanierten und unsanierten Gebäuden
7: Wie viel Klimaschutz bringen Wärmepumpen im Bestand?
8: Ist das Heizen mit einer Wärmepumpe teuer?
10: Ist es sinnvoll, eine Wärmepumpe mit einer Gasheizung zu kombinieren?
11: Die Wärmepumpe im Mehrfamilienhaus
12: Zusammenfassung