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EnergiewendeKohleausstiegNachhaltige Zukunftspläne am Rande des Tagebaus

Nachhaltige Zukunftspläne am Rande des Tagebaus

Die Kontraste könnten nicht krasser sein: in der Gemeinde Spreetal in der Oberlausitz inmitten einer Braunkohleregion lassen sich vier Menschen in einer alten Spinnerei nieder, um das Leben anders zu denken und aktiv nachhaltig zu gestalten …

Strombetriebene Velotaxis, die von einem Ort zum anderen gondeln, eine PV-Anlage und eine verlassene Spinnerei, die in ein alternatives Zentrum verwandelt wird: Mit solchen Spezialitäten lässt sich die von der Braunkohle geprägte Provinz an der polnischen Grenze schon ordentlich aufmischen. So erfährt es jedenfalls Adrian-Elias Rinnert, der vor mehr als zehn Jahren seine neue Heimat unweit des Industrieparks Schwarze Pumpe in Sachsen gefunden hat. Zusammen mit drei anderen verschlägt es ihn nach dem Studium in die Braunkohlehochburg mit dem gigantischen Tagebau Nochten.

Eine verlassene Spinnerei im Örtchen Spreetal wird in ein Zentrum für nachhaltiges Leben in der Oberlausitz verwandelt. Foto: Matthias Hessenauer / Greenpeace Energy

„Nach dem Studium wollte ich Dinge einfach direkter angehen und mich mit dem beschäftigen, was wirklich wichtig ist“, sagt der 35-Jährige. „Das ging den anderen auch so. Deshalb haben wir uns zusammengetan.“

Von der Ruine zum Zukunftsentwurf:
die alte Spinnerei nahe Spreetal. Foto: Matthias Hessenauer / Greenpeace Energy

Dass hier mehr als nur Kohle möglich ist, haben die Vier schnell raus: An einem kleinen Bach, mit angrenzendem Wald entdecken sie zufällig ein verlassenes Gebäude – eine alte Holzwollspinnerei von 1870. Nach dem Kauf hauchen sie dem runtergekommenen Komplex mit eigenen Kräften und nachhaltigen Materialien ganz neues Leben ein. Das Anwesen wird zum Zentrum ihres Vereins „Eine Spinnerei vom nachhaltigen Leben e.V.“, der sich für Umweltbildung, Demokratie und soziale Gerechtigkeit einsetzt. Neben dem Gebäude: eine 3.000 Quadratmeter große Fläche, auf der sie eine Streuobstwiese entstehen lassen, dahinter der Wald. Hier können sie leben und umsetzen, was sie sich erträumt und gewünscht haben – und mit ihrem Verein an andere weitergeben möchten. Aus der ehemaligen Spinnerei wird ein Ort der Wissensvermittlung und des Netzwerkens. Das Grundstück ist weitläufig: Hier befindet sich ein Wohnhaus, eine Veranstaltungsküche, ein Duschhaus, eine Tanzfläche und schließlich die Räume des Vereins.

So weit, so idyllisch. Währenddessen formiert sich in der Lausitz der Braunkohle-Widerstand. Im Jahr 2013 initiiert Adrian ein regionales Bürgerbündnis mit und setzt sich aktiv gegen den Tagebau Nochten II ein. Mit Erfolg: Die Grube, die der von Investoren beherrschte Braunkohlekonzern LEAG erschließen wollte, konnte die Initiative mit ihrem Engagement verhindern. „Uns geht es dabei vor allem darum, dass die Großkonzerne nicht noch mehr Einfluss bekommen – das zerstört nicht nur die Umwelt und schadet dem Klima, sondern zersetzt auch eine Gesellschaft und ihre sozialen Strukturen.“

Das Vereinshaus von „eine Spinnerei“ e.V. in Weißwasser mit seinen Solarpaneelen soll Zeichen setzen in der Braunkohleregion. Foto: © Thomas Victor für Greenpeace Energy

Adrian und seine Mitstreiter:innen sind in der Region Pionier:innen. Trotz aller Kämpfe und Widrigkeiten gehen sie weiter selbstbewusst voran: Im April 2021 nehmen sie an einem weiteren Haus des Vereins, das sich in der Kreisstadt Weißwasser befindet, eine aus dem Solarstrom plus-Fördertopf finanzierte 5,12 kWp Solaranlage in Betrieb. „Wir hoffen einfach, das macht hier Mut, und wünschen uns, es lädt zum Nachmachen ein.“ Drei Velotaxis hat sich der Verein mittlerweile angeschafft. Die Fahrzeuge werden mit Ökostrom betrieben: Das spart Benzin und reduziert die Abhängigkeit vom Auto. Natürlich sollen die Gefährte möglichst mit dem Strom aus der eigenen PV-Anlage fahren.

Die Velotaxis der „Spinnerei“ werden mit Ökostrom betrieben, ein Muss für Adrian Rinnert. Foto: © Thomas Victor für Greenpeace Energy

„Die Solaranlage hat unsere Denkweise geöffnet und eröffnet uns so neue Möglichkeiten. Wir können mit dem Strom zum Beispiel genug Raum kühlen, um hier Vorräte für Foodsharing zu lagern.“ Greenpeace Energy als Betreiberin der Anlage und Lieferantin des sonstigen Strombedarfs war für Rinnert nur konsequent. „Wir haben uns das ganz genau angesehen. Mit Greenpeace Energy konnten wir uns das vorstellen, weil es den Ausbau von erneuerbaren Energien fördert und nicht einfach nur Börsenstrom mit Ökostromzertifikaten aus dem Ausland weiterverkauft. Außerdem engagiert sich die Genossenschaft schon lange gegen die klimaschädliche Braunkohleverstromung und hat einen Bezug zu Greenpeace. Das passt zu uns.“

Die Zerstörung der Region hat das Spinnerei-Team ständig vor Augen. Die Braunkohlegrube Nochten mit dem Kraftwerkskomplex Boxberg. Foto: © Thomas Victor für Greenpeace Energy.