Die neue Bundesregierung ist im Amt. Und in ihrem Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP einen Kohleausstieg bis 2030 als wichtige Klimaschutzmaßnahme zur Einhaltung des 1,5 Grad Ziels formuliert. Allerdings soll dieser frühere Ausstieg „idealerweise“ kommen. Zum Abschluss unserer “ Kick out Kohle“-Kampagne zeigen wir, warum ein langsamerer Ausstiegsplan ineffizient, teurer und deutlich schlechter fürs Klima wäre. Und wie ein klügerer Kohleausstieg gelingen kann.
Bisher galt der Kohleausstieg bis 2038 als beschlossene Sache. Die neu gebildete Regierung möchte den Ausstieg auf 2030 vorschieben, „idealerweise gelingt das schon 2030“ heißt es im Koalitionsvertrag wortwörtlich. Die Koalition bekennt sich außerdem dazu, dass das Vorhaben einen massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Errichtung moderner Gaskraftwerke beinhalten muss. Die Versorgungssicherheit und der schnelle Ausbau Erneuerbarer Energien soll dabei laut Koalitionsvertrag regelmäßig überprüft werden.
Vorgezogener Kohleausstieg von 2038 auf 2030 als Etappensieg für die Klimabewegung
Auch wenn es ein erstes Aufatmen für die Anti-Kohle-Bewegung und ihre Mitstreiter:innen bedeuten mag – die Verschnaufpause ist nicht von Dauer. Zweifel besteht noch in Hinblick darauf, inwieweit man nun tatsächlich mit einem endgültigen Kohleausstieg im Jahr 2030 rechnen darf. Dass die Jahreszahl 2038 nun endlich durch 2030 ersetzt worden ist, ist dennoch ein Verdienst des breiten Engagements. Fridays for Future spricht von einem „Erfolg der unermüdlichen Klimabewegung“ und macht zudem deutlich: „Ein „idealerweise“ genügt uns nicht.“ Das Bündnis „Alle Dörfer bleiben“ spricht von einem bedeutenden Etappensieg des Widerstands gegen den Kohleabbau. Der erkämpfte Erhalt von fünf Dörfern am Tagebau Garzweiler II ordnet das Bündnis außerdem als starken Erfolg der jahrzehntelangen Proteste ein. Gleichzeitig stößt der Plan, noch bis 2030 weiter Kohle abzubaggern und das Schicksal des nach wie vor bedrohten Dorfes Lützerath den Gerichten zu überlassen, bei seinen Bewohner:innen auf massives Unverständnis.
Im Video haben wir unsere 3 Kernforderungen für einen effizienteren Kohleausstieg auf den Punkt gebracht.
Green Planet Energy fordert mehr Tempo, konkrete Abschalttermine und klare Preissignale
Im Rahmen der Koalitionsverhandlungen über das Ende der Kohleverstromung hat Green Planet Energy Vorschläge für einen klimawirksameren Kohleausstieg vorgelegt. Neben der Empfehlung des Ausstiegsdatums bis spätestens 2030 wird darin auch eine optimierte Abschaltreihenfolge der Kohlekraftwerke empfohlen. Auch ein wirkungsvoller nationaler CO2-Mindestpreis gilt als dringend erforderlich. „Ein verbindliches Enddatum und klare Preissignale wegen der hohen CO2-Emissionen aus der Kohleverbrennung schaffen Planungssicherheit für Investitionen in den nötigen Erneuerbaren-Zubau“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Green Planet Energy. Und er betont: „Zugleich ist höheres Tempo beim Kohleausstieg eine sehr effiziente Klimaschutzmaßnahme.“
Weitere deutliche Verbesserungen bei der Senkung der CO2-Emissionen erwartet Energy Brainpool durch eine optimierte Abschaltreihenfolge der betroffenen Kohlemeiler. Deren Abschaltung sollte sich, so ihre Empfehlung, grundsätzlich am CO2-Ausstoß orientieren. „Je ineffizienter ein Kraftwerk, desto früher sollte es im Sinne der Emissionsvermeidung abgeschaltet werden“, sagt Michael Claußner, Analyst bei Energy Brainpool. Bislang ist das aber nicht im Kohleausstieg vorgesehen. Im Sinne der Einhaltung des 1,5 Grad Ziels müssten zuerst alle Braunkohlekraftwerke und danach die Steinkohlekraftwerke in einer festen Reihenfolge vom Netz gehen.
Beschleunigter Kohleausstieg bis 2030 verhindert ein Drittel der ansonsten bis 2038 anfallenden kohlebedingten CO2-Emissionen
Ein von Green Planet Energy vor Kurzem in Auftrag gegebenes Fact Sheet von Energy Brainpool verdeutlicht, dass ein verlangsamter Kohleausstieg bis 2038 voraussichtlich zwischen 39 bis 74 Prozent des deutschen CO2– Emissionsrestbudgets verbrauchen würde. Grundsätzlich trägt die Beschleunigung des Kohleausstiegs bis zum Jahr 2030 anstatt 2038 daher zu einer signifikanten Reduktion von CO2-Emissionen bei. „Scheiden Kohlekraftwerke aus dem Markt, so ist die entsprechende Menge an Kohlestrom zwingend emissionsfrei zu ersetzen. Hier ist ein ambitionierter Zubau von Anlagen erneuerbarer Energien von zentraler Bedeutung.“, so Michael Claußner.
Bleibe der Zubau aus, führe dies zwangsläufig zu einer höheren Auslastung anderer konventioneller Kraftwerke im Markt, ergänzt Claußner. In diesem Fall bestehe die Gefahr, dass eine höhere Auslastung von verbleibenden Kohle- und Gaskraftwerken hierzulande bzw. von Kraftwerken im Ausland die CO2-Einsparungseffekte des deutschen Kohleausstiegs hindern.
Welche Maßnahmen muss die Bundesregierung auf den Weg bringen?
Green Planet Energy hat im Rahmen der Kick out Kohle Kampagne seit Herbst 2021 zahlreiche Analysen und Fact Sheets zu Strommarkt-Effekten, zu Klimakosten und Folgen der Kohleverstromung in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: Es gibt drei große Stellschrauben, an denen die neue Bundesregierung unbedingt drehen muss, um den Kohleausstieg zu verbessern:
- 1. Festes Ausstiegsdatum bis 2030: Dass der Kohleausstieg für 2038 zu spät ist scheint auch der neuen Regierung klar. Wichtig ist es jetzt, dass der Kohleausstieg auf das Datum 2030 festgelegt wird und das Wörtchen „idealerweise“ gestrichen wird. Nur so haben wir noch die Chance die Klimaziele erreichen zu können.
- 2. Die dreckigsten Kraftwerke zuerst vom Netz nehmen: Es erscheint völlig logisch, zuallererst die dreckigsten Kraftwerke vom Netz zu nehmen. Leider wurde der Kohlendioxid-Ausstoß als Kriterium beim bestehenden Ausstiegsfahrplan aber überhaupt nicht berücksichtigt. Daher die Forderung von Green Planer Energy für eine neue Abschaltordnung: Je mehr Kohle ein Kraftwerk verbrennen muss, um eine Megawattstunde Strom zu produzieren, desto früher muss es abgeschaltet werden.
- 3. Ein nationaler CO2Mindestpreis: Der CO2-Preis hat den Zweck, die Folgekosten des Kohlenstoffdioxid-Austoßes zu begleichen, welche bisher von der Allgemeinheit bezahlt werden. Klimabedingte Folgekosten, wie die nach Extremwetterereignissen, Ernteausfällen, oder Gesundheitsfolgen sind extrem teuer. Das spiegelt sich bisher im CO2-Preis noch nicht so richtig wider. Die Ampelkoalition sollte daher die Preisschraube für CO2 und damit für die Kohleverstromung weiter anziehen: und zwar über die CO2-Zertifikate, die Kohlekonzerne kaufen müssen, damit ihre Kraftwerke Treibhausgase ausstoßen dürfen. Dabei ist ein nationaler CO2-Preis sinnvoll, der dann unter eine festgesetzte Untergrenze hierzulande nicht fallen darf, was zusätzliches Tempo für den Ausbau Erneuerbarer Energien bedeutet.
Unabhängigkeit von Strompreisschwankungen durch den Ausbau Erneuerbarer Energien
Die aktuellen Strom- und Gaspreisschwankungen seit Herbst gleichen einer Achterbahnfahrt: Wir werden davon nur dann unabhängiger, wenn wir Windkraft, Solarkraft und Speicher schnellstmöglich kräftig ausbauen. Und weil dann keine weitere Abhängigkeit mehr vom Import teurer fossiler Brennstoffe besteht, werden die Strompreise sogar sinken.
Einen früheren Kohleausstieg bis 2030 können wir schaffen. Grüne und günstigere Technologien stehen bereits zur Verfügung und auch die Versorgungssicherheit ist hierzulande gewährleistet. Dafür muss die aktuelle Bundesregierung nun Hürden abbauen und die Weichen stellen – für einen klügeren und wirksameren Kohleausstieg!
Weitere Infos, Fakten und Videos rund um den Kohleausstieg gibt es auf der Kampagnenseite Kick out Kohle: www.kickoutkohle.de