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EnergiewendeKohleausstiegEine Kirchengemeinde mit langem Atem

Eine Kirchengemeinde mit langem Atem

Große Beharrlichkeit war nötig, bis das neue Pfarrheim der Kirchengemeinde St. Odilia in Gohr im November 2021 eröffnet werden konnte – inklusive einer von Green Planet Energy geförderten Solaranlage. Hier, nahe Dormagen am Rande des Rheinischen Braunkohlereviers, beweisen die Menschen echte Hartnäckigkeit.

Dampfende Kühltürme von Kohlekraftwerken, eine stillgelegte Mülldeponie und ein riesiger Chemiepark nur Kilometer entfernt: Inmitten dieser Kulisse liegt die 2.400-Menschen-Gemeinde Gohr. „Mit dem sinkenden Grundwasserspiegel, ausdörrenden Bächen, vertrocknenden Bäumen im nahen Wald, Berichten über Schadstoffe, die beim Verbrennen von Braunkohle freigesetzt werden, erwachten die Sorgen über unsere Umwelt und Gesundheit – und die Skepsis gegenüber der Braunkohle“, erinnert sich Herrmann-Josef Glasmacher, geschäftsführender Vorsitzender des örtlichen Kirchenvorstands. Eine Konsequenz der Gemeinde aus dem gewachsenen Umweltbewusstsein: Auf dem Dach des neuen Pfarrheims prangt seit Ende 2021 eine über den Solarstrom plus-Tarif von Green Planet Energy geförderte Photovoltaikanlage.

Auch in anderen Fällen haben die Menschen in Gohr nicht lamentiert, sondern gehandelt: Als gleich neben dem Dorf eine Umspannstation für den Transport vor allem von Braunkohlestrom gen Süden gebaut werden sollte, leistet eine Bürgerbewegung erfolgreich Widerstand. Bei der Mülldeponie am Ortsrand erreichen die Gohrer:innen, dass diese abgedichtet und mit Erdreich abgedeckt wurde. „2016 entstand darüber ein Solarpark“, berichtet Glasmacher. „Der Müll ist zwar dringeblieben und ums Grundwasser machen wir uns weiter Sorgen, aber immerhin ist der Strom sauber.“

So zögert die Gemeinde auch nicht lange, als sich der lokale Energieversorger nach dem Bau der PV-Anlage weigert, den Netzanschluss bis ganz ans Pfarrheim zu legen. Ein fehlendes Kabelstück ergänzen sie kurzerhand in Eigenregie. Und als sie den nagelneuen Bau wegen der Corona-Pandemie nicht für Veranstaltungen nutzen können, geben sie ihn ganz pragmatisch als Impfzentrum frei.

Die PV-Anlage auf dem neuen Pfarrheim: saubere Energie für eine umweltbewusste Gemeinde.
Die neue Solaranlage auf dem Pfarrheim-Neubau in Gohr: saubere Energie für eine umweltbewusste Gemeinde.

Dass die Gemeinde offenbar einen Sinn für wichtige Themen hat, zeigt auch die Ausstattung des Pfarrdaches mit Solarmodulen: „Wir sahen die Chance, mit Hilfe von Green Planet Energy einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und ein Zeichen dafür zu setzen, wie Energie ohne Lärm, Dreck und Treibhausgase erzeugt werden kann. Als kleine Kirchengemeinde allein wären wir finanziell nicht in der Lage gewesen, eine Solaranlage selbst zu bauen.“ Nun deckt sie mit ihren 18,2 Kilowatt Leistung nicht nur den größten Teil des Strombedarfs im Pfarrhaus, sie speist zugleich eine Luft-Wärmepumpe, die klimafreundliche Wärme erzeugt.

Man könnte fast meinen, dass mit dem von der neuen Bundesregierung „idealerweise“ für 2030 geplanten Ausstieg aus der Braunkohle langsam Ruhe in der Region einkehren sollte. Doch womöglich kommt es anders: „Die Tagebaugruben von Garzweiler hier sollen nach dem Abschalten der Braunkohlekraftwerke mit Rheinwasser geflutet werden.“ Dafür soll eine 45 Kilometer lange Pipeline verlegt werden. Die geplanten zwei bis drei Röhren mit einem Durchmesser von zwei Metern würden dicht an Gohr vorbeiführen. Der Bevölkerung wird das gigantische Projekt als Schaffung einer Naherholungsregion mit Seenplatte präsentiert. Ob es Realität wird, bleibt jedoch abzuwarten. Kirchenvorstand Herrmann-Josef Glasmacher jedenfalls ist skeptisch: „Wer weiß denn, ob der Rhein beim fortschreitenden Klimawandel die nächsten Jahrzehnte überhaupt genug Wasser führt, um die Gruben zu füllen?“ Auf die zupackende Gemeinde warten wohl schon die nächsten Aufgaben.