Ob der Bau einer Müllverbrennungsanlage oder gar das Abbaggern ihres Dorfes für den Tagebau Garzweiler: Die Bewohnerinnen und Bewohner von Wanlo haben schon einige Bedrohungen auf sich zukommen sehen. Doch bislang haben sie es mit ihrem Widerstand noch immer geschafft, solch problematische Großprojekte von ihrem Dorf fernzuhalten.
RWE und das Verschwinden der Dörfer
Frank Licht ist Vorsitzender des Vereins Dorf Campus Wanlo e.V. – ein Dorfentwicklungsprojekt im südlichen Stadtgebiet von Mönchengladbach, fast an der Abbaukante der Braunkohlegrube. Hier wohnt Licht seit zehn Jahren mit seiner Familie. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie es wäre, wenn mein Heimatdorf an der Mosel mal soeben von der Landkarte verschwindet. Dass so etwas hier mit den Dörfern geschieht, ist surreal“, erzählt Licht. Ebenso irritierend für ihn ist die Ohnmacht der Anwohner*innen und das Desinteresse des Tagebaubetreibers RWE an einem gütlichen Miteinander auf Augenhöhe. „Das hat Züge einer feudalen Machtstruktur, die in unserer Demokratie keinen Platz hat.“
Der 55-Jährige wollte diese Verhältnisse nie hinnehmen. Er hat den Widerstand gegen den Tagebau nicht nur hautnah miterlebt, sondern auch selbst aktiv dabei mitgemischt. Zudem wollte er etwas Neues für seine Gemeinde schaffen: Im November 2018 gründete Licht mit anderen engagierten Bürger*innen deshalb den Verein „Dorf Campus Wanlo“. Ihr Ziel: die alte Schule von Wanlo als Dorfgemeinschaftshaus zu erhalten und in einen generationenübergreifenden kulturellen und sozialen Mittelpunkt zu verwandeln.
„Ich möchte für meine Kinder nichts unversucht lassen“
Auch Sonja Ritter engagiert sich im Verein, da sie nicht tatenlos zusehen will, wie sich Kohlebagger so nahe am Zuhause ihrer Familie durch die Landschaft fressen und alles zerstören. Die 37-Jährige wohnt mit ihren drei Kindern ebenfalls seit fast zehn Jahren in Wanlo. Eine Naturzerstörung, die selbst vom All aus sichtbar ist, will sie nicht einfach akzeptieren. Sie treibt vor allem die Sorge um ihre Kinder um, auch wegen der gesundheitlichen Folgen des Tagebaus. „Ich möchte für meine Kinder nichts unversucht lassen, um etwas zu ändern.“ Wie Frank Licht will Sonja Ritter aber nicht nur gegen die Braunkohle sein, die seit Jahrzehnten die Geschicke des Dorfes beeinflusst, sondern etwas Positives schaffen: „Mit dem Dorf Campus möchten wir unsere Heimatgeschichte retten und zugleich wichtige Infrastruktur für Wanlo wiederbeleben“, sagt sie.
Im August 2020 wurde auf dem Dach des neuen Dorfgemeinschaftshauses eine Photovoltaikanlage mit 50 Solarpanels installiert. Sie entstand mit Geld aus dem Fördertopf, mit dem Solarstrom plus-Kund*innen von Greenpeace Energy den Ausbau der Solarenergie in den Braunkohleregionen vorantreiben. „Das hilft uns sehr, denn die Anlage stärkt unser Projekt finanziell“, erklärt Vorstand Frank Licht. Ansonsten treibt der Dorf Campus Wanlo sein Projekt mit Hilfes der „Muskelhypothek“ seiner Mitglieder und aus Spenden voran. Für Licht hat die PV-Anlage aber auch einen symbolischen Wert: „Mit dem eigenen Ökostrom setzen wir Zeichen des Aufbruchs in eine Zeit nach der Braunkohle.“ Ein „Weiter so“ werde es nicht geben.
Im selben heißen, trockenen August, in dem PV-Anlage wuchs, zog tagelang eine dichte Staubwolke über Wanlo hinweg – wie ein Warnzeichen für die Folgen eines Lebens unmittelbar am Tagebaurand. Die üblichen Feinstaubwerte wurden in diesen Tagen um das 30-fache übertroffen. „Wir haben nur diese eine Erde und was wir einmal zerstört haben, wächst nicht einfach wieder zusammen. Es bleibt wie eine ewige Narbe in der Erde“, sagt Sonja Ritter. Für sie soll der Mensch im Vordergrund stehen und nicht der Profit eines einzelnen Unternehmens.
In dem Bündnis „Alle Dörfer Bleiben“ kämpfen die Anwohner*innen vieler Dörfer um ihre Heimat – ob in NRW, wo sie akut von RWE bedroht wird, in Brandenburg und in den Tagebaurevieren in Sachsen oder Sachsen-Anhalt. Durch unseren Solarstrom plus-Tarif unterstützen wir Gemeinden wie Wanlo bei ihrem Einsatz für eine lebenswerte, klimafreundliche Zukunft. Mehr Informationen zum „Alle Dörfer Bleiben„-Bündnis.