Im Streit um die Nutzung kleiner Solarmodule für Balkone und Terrassen gibt Deutschlands größter Verteilnetzbetreiber Westnetz auf Druck von Greenpeace Energy seinen Widerstand auf. Ab sofort ermöglicht Westnetz den Anschluss der Module auf unbürokratische Weise: In ihrem Versorgungsgebiet genügt es für Nutzer jetzt, Namen und Adresse, Leistung und Fabrikat der Module zu melden, dann können diese dort bis zu einer Leistungsgrenze von 300 Watt de facto ohne sonstige Auflagen in die Steckdose gesteckt werden. „Das Einlenken von Westnetz ist ein Durchbruch für die städtische Energiewende in Bürgerhand“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy. „Damit bekommen Millionen von Mietern die Chance, sauberen Strom zu erzeugen und selbst zu verbrauchen.“
Das ist nicht nur für die rund 4,6 Millionen Westnetz-Kunden interessant, sondern auch für alle deutschen Mini-Solar-Interessenten. Vor allem ist es für die anderen Netzbetreiber – etwa für die Stromnetz Hamburg – ein Vorbild für einen pragmatischen Umgang mit solchen Mini-PV-Anlagen für Balkon und Terrasse.
Eigentlich ist die Westnetz als frühere RWE-Tochter (heute innogy) nicht prädestiniert, ein Vorreiter der Energiewende zu sein. Doch seit sie in einem von Greenpeace Energy unterstützten Verfahren bei der Bundesnetzagentur einräumen musste, dass sie über keine rechtliche Handhabe gegen den Anschluss des smarten PV-Moduls simon an das Hausnetz der klagenden Kundin verfüge (mehr dazu in diesem Blogeintrag), hat bei der Westnetz offensichtlich ein Umdenken eingesetzt. In dem Verfahren räumte der Verteilnetzbetreiber abschließend ein, dass er nach Prüfung von Gutachten unabhängiger Prüfinstitute zum simon an seiner bisherigen Einschätzung nicht weiter festhalte, der Betrieb eines simon berge große Risiken: „Der Anschluss und der Betrieb einer Eigenanlage Photovoltaiksystem ‚simon‘ ist möglich“. Eine pragmatische Neuorientierung mit positiven Konsequenzen für alle Mini-Solarkraft-Interessenten in ihrem Netzgebiet vor allem im bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen: Praktisch gibt die Westnetz damit ihren Widerstand gegen simon & Co. auf und reduziert drastisch den Aufwand, der zur Anmeldung solcher Mini-Module nötig ist.
Erforderlich sind laut der zentralen Kundenbetreuung der Westnetz in einem Schreiben an unseren Energiewende-Partner, die österreichische oekostrom AG, die den simon vertreibt, lediglich noch die
– Kontaktdaten des Anlagenbetreibers
– der Standort der geplanten Erzeugungsanlage
– sowie die technischen Daten zur Erzeugungsanlage (Wattleistung, Hersteller)
Noch besser die Auskunft der Westnetz-Kundenbetreuer, dass der Bezugszähler eines Kunden nicht gegen einen „rücklaufgehemmten“ Zähler ausgetauscht werden muss, solange die Anlagenleistung unter 300 Watt liege. Das erspart den Kunden Kosten – senkt aber ebenso den Aufwand der Westnetz, wohl auch ein Grund für diese Entscheidung. Nebenbei wird die bisherige Rhetorik vieler Netzbetreiber ad acta gelegt, Mini-Solar-Nutzer verstießen gegen das Steuerrecht, wenn ihre PV-Anlagen überschüssigen Strom ins Netz einspeisen. Angesichts der im Normalfall marginalen Strommengen, um die es dabei geht, ist dies ohnehin ein eher theoretisches Problem.
Bereits im Verfahren bei der Bundesnetzagentur hatte die Westnetz zu Protokoll gegeben, dass „im Fall der Inbetriebnahme der verfahrensgegenständlichen Erzeugungsanlage ‚simon‘ für den Netzanschluss der Antragstellerin schädliche oder störende Rückwirkung auf unser Elektrizitätsversorgungsnetz nicht erkennbar“ seien.
„Die anderen deutschen Netzbetreiber müssen dem Vorbild von Westnetz nun folgen“, sagt Tangermann. „Noch aber schüchtern viele Betreiber Mini-Solar-Interessenten massiv ein. Dabei sind moderne Module wie simon völlig sicher im Betrieb.“ Wenn Deutschlands größter Verteilnetzbetreiber keine Bedenken gegen den Betrieb von modernen Mini-Solaranlagen wie dem simon mehr hegt, wie rechtfertigen dann die anderen Netzbetreiber, bei denen die selben technischen, systemischen und rechtlichen Voraussetzungen gelten, ihre Blockadetaktik?
In den Niederlanden hingegen nutzen inzwischen rund 200.000 Haushalte problemlos solche kleinen Solaranlagen, während in Deutschland veraltete technische Normen und gesetzliche Regeln bislang deren Einsatz erschweren.
„Stecker-Solar-Geräte für den Balkon sind für Mieter oft die einzige Option, einen eigenen Beitrag zu einer klimafreundlichen dezentralen Energieversorgung zu leisten“, sagt Marcus Vietzke, Mini-PV-Experte bei der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) in Berlin. „Wenn die Nutzung unkompliziert möglich ist, könnten allein in Deutschland mehrere Gigawatt an Stecker-Solar-Geräten installiert werden. Dies entspricht der Leistung großer Braunkohlekraftwerke mit hohem CO2-Ausstoß.“ Die dezentrale Stromproduktion aus Sonnenenergie senke klimaschädliche Emissionen und reduziere zugleich die Kosten für den Ausbau der Energienetze, fügt Vietzke hinzu.
In weitgehend energieoptimierten Haushalten sind Mini-Solarkraftwerke zudem die effizienteste Möglichkeit, den eigenen Strombezug spürbar zu senken – und damit die Kosten: Je nach Modell lassen sich auf Südbalkonen fünf Prozent und mehr an Einsparung erzielen.
Die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie, Greenpeace Energy und viele andere Akteure setzen sich derzeit in den zuständigen technischen Normgremien für anwenderfreundliche neue Normen für Mini-Solarkraftwerke ein. Fortschritten noch in diesem Jahr halten sie für wahrscheinlich.
Das gute Beispiel der Westnetz können Kunden aber schon jetzt in ganz Deutschland als schlagendes Argument gegenüber ihren eigenen Netzbetreibern vorbringen. Diese müssen sich allesamt endlich bewegen.
Das Ziel ist klar: Macht den Weg frei für Mini-Solarkraftwerke wie simon & Co. – die Zeit ist reif! Wie es geht, hat die Westnetz gerade vorgemacht.
INFO: Interesse am simon? Das revolutionär einfach zu nutzende 150-Watt-Solarmodul simon kann zum Preis von 599 Euro plus 29 Euro Versandkosten ganz einfach im Onlineshop bestellt werden. Die Befestigungssysteme zum Aufhängen am Balkon oder zum Aufstellen auf dem Boden kosten jeweils 57,50 Euro zusätzlich.