blog
EnergiewendeEnergiepolitikDas Lobbyregistergesetz kommt – doch wo sind seine Lücken?

Das Lobbyregistergesetz kommt – doch wo sind seine Lücken?

Gleich mehrere Corona-Maskenaffären haben CDU und CSU innerhalb eines Monats erschüttert. Den Umfragewerten der Union hat das nicht gut getan. Die Parteien antworten darauf mit einem Verhaltenskodex, der beispielsweise Auskünfte zu Nebeneinkünften ihrer Abgeordneten geben soll. Im Frühjahr wurde das Gesetz zum Lobbyregister verabschiedet. Wir blicken auf dessen Zielsetzung und Schwachstellen.

Wenn Minister:innen sich einseitig mit Interessenvertreter:innen aus bestimmten Branchen treffen, dann hat das einen fragwürdigen Beigeschmack. Wie eine Antwort des Bundesverkehrsministeriums auf eine Anfrage der Grünen zeigt, traf sich Andreas Scheuer (CSU) innerhalb eines Jahres kein einziges Mal mit Vertreter:innen von BUND, Nabu, Greenpeace, WWF oder Umwelthilfe – aber 15 Mal mit Vorständ:innen deutscher Autokonzerne und ihren Branchenverbänden. Dabei sind es gerade die Umweltverbände, die durch ihre enorme Mitgliederstärke die Interessen der Zivilgesellschaft repräsentieren können, indem sie für das Gemeinwohl von Bürger:innen z.B. im Bereich von Umwelt- und Klimaschutzstandards eintreten. Es sind Umweltverbände, die daher eine sehr hohe Glaubwürdigkeit und das Vertrauen der Bevölkerung genießen. Das ist ein Unterschied, der zumindest in klarem Kontrast zu jenen Konzernen steht, deren Interessenvertretung in hohem Maße von Partikularinteressen geleitet ist. 

All das wirft Fragen der Transparenz innerhalb politischer Prozesse und deren Akteur:innen auf und macht die Notwendigkeit eines verbindlichen Lobbyregisters erneut deutlich. Aus Sicht von Greenpeace Energy muss das Minimumziel eines umfassenden Lobbyregisters somit sein, Transparenz bezüglich des Einflusses von Interessenvertreter:innen zu fordern und neu zu schaffen. Ähnlich wie bei Konsultationsverfahren und Sachverständigenanhörungen sollte umfassend sichtbar sein, welche Akteur:innen auf welche Weise an der Ausarbeitung von Gesetzen beteiligt waren. Spezialisierte Initiativen wie Lobbycontrol und Transparency International fordern dies bereits seit mehr als 15 Jahren lautstark. Auch viele andere setzen sich für ein verpflichtendes, gesetzliches Lobbyregister ein. Jetzt kommt es. Doch lassen sich die geschilderten Probleme damit lösen?

Veranstaltung im Deutschen Bundestag. Foto: Greenpeace Energy / Foto oben: Deutscher Bundestag

Am 25. März 2021 hat der Bundestag das Lobbyregistergesetz verabschiedet. Danach sollen ab Januar 2022  in erster Linie professionelle Interessenvertreter:innen, also Lobbyist:innen, dazu verpflichtet werden, sich in ein öffentlich einsehbares Register einzutragen. Dort sind Angaben über ihre Auftraggeber:in und die jeweilige finanzielle Aufwendung zu machen. Außerdem sollen Lobbyist:innen künftig einem Verhaltenskodex zustimmen, der vom Deutschen Bundestag und der Bundesregierung unter Beteiligung der Zivilgesellschaft festgelegt werden soll. Das neue Lobbyregistergesetz soll so das Vertrauen der Öffentlichkeit in Politik und die Legitimität der Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse in Parlament und Regierung stärken. Die jüngsten Skandale innerhalb von CDU/CSU übten wohl den nötigen, zusätzlichen Druck auf die Verhandlungen aus. Dennoch macht das Ergebnis des Lobbyregisters ersichtlich, dass es sich um einen Kompromiss handelt.

Die im Gesetz schon heute verankerten Ausnahmen und das Fehlen eines exekutiven Fußabdrucks für künftige Gesetzesinitiativen wird von Transparenzinitiativen wie Lobbycontrol und Transparency International kritisch gesehen, echte Transparenz ist so nicht gewährleistet. Insbesondere die Lobbytreffen von Regierungsmitgliedern bleiben weiterhin unveröffentlicht. Auch besteht die Lücke, dass Lobbyakteur:innen nicht angeben müssen, worauf ihre Lobbyarbeit genau zielt. Lobbydienstleister:innen müssen zwar ihre Auftraggeber:innen benennen, aber ihre Lobbyausgaben und Ziele nicht ausweisen. Zudem besteht innerhalb des neuen Gesetzes das Schlupfloch, dass Angaben zu Finanzierung und Lobbyausgaben verweigert werden können. Deutlich werden außerdem weitreichende Ausnahmen insbesondere für Arbeitgeber:innen- und Arbeitnehmer:innenverbände sowie Kirchen.

Trotz aller erkennbaren Schwächen und Schlupflöcher ist mit dem gesetzlichen Lobbyregister ein wichtiger erster Schritt hin zu mehr Transparenz getan. Dringender Handlungsbedarf besteht weiterhin bei den Regeln für Nebentätigkeiten, was nicht zuletzt die Skandale aus den Reihen der CDU/CSU in den letzten Wochen mehr als deutlich gezeigt haben.