Wie ihre Zukunft im Rheinischen Revier aussehen soll, davon haben die Aktiven des Koordinierungskreises Strukturwandel eine klare Idee. Das zeigte sich am vergangenen Wochenende bei der Eröffnung der Zukunfts-Tagung im Energiekompetenzzentrum in Kerpen-Horrem, nur ein paar Kilometer vom Tagebau Hambach entfernt. Vertreter von Greenpeace Energy stellten dort das Strukturwandel-Konzept der „ReinRevierWende“ vor.

„Wir wollen echte Bürgerbeteiligung bei allen Entscheidungen über den Braunkohleausstieg und die Zeit danach“, sagt Antje Grothus von der Initiative Buirer für Buir auf der Veranstaltung. „Bei einer Neuausrichtung unserer Region geht es auch, aber nicht nur um Wirtschaft und Arbeitsplätze – entsprechend gehen unsere Vorstellungen von einer guten Zukunft darüber weit hinaus.“ Und deshalb luden die Veranstalter, ein von rund 30 zivilgesellschaftlichen Gruppen getragenes Bündnis, das acht Leitlinien für die künftige Entwicklung ihrer Region erarbeitet hat, auch Greenpeace Energy zur Präsentation seines ReinRevierWende-Konzepts ein.

Denn echte Bürgerbeteiligung – genau das ist eine zentrale Grundlage der ReinRevierWende. Dieses Konzept für den Ausstieg aus der Braunkohle im Rheinischen Revier und den Umstieg ins Erneuerbaren-Zeitalter präsentierte Greenpeace Energy-Vorstand Sönke Tangermann in Horrem den gut 70 Tagungs-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern aus Zivilgesellschaft, Verwaltung und Politik. Kurz gesagt ist der Plan, die Braunkohle-Kraftwerke und Tagebaue des RWE-Konzerns ab 2020 stufenweise zu übernehmen und bis 2025 stillzulegen. Parallel zum raschen Braunkohleausstieg aus der Braunkohle sollen im Rahmen einer Bürgerenergiegenossenschaft bis 2030 rund 8,1 Gigawatt an Windkraft- und Solaranlagen errichtet und so die heute fossile Stromproduktion durch erneuerbare Energien ersetzt werden. Bei der Umsetzung des Konzeptes könnten betriebsbedingte Kündigungen vermieden und zugleich zahlreiche zukunftsfähige Arbeitsplätze geschaffen werden. „Unser Plan zeigt, was energiewirtschaftlich im Rheinischen Revier möglich wäre“, sagte Sönke Tangermann. „Damit setzen wir einen Maßstab, an dem sich jedes andere Konzept messen lassen muss.“

Greenpeace Energy gibt mit seinem Plan einen wirkungsvollen Anstoß. Wie genau er letztlich umgesetzt wird, das würden die Bürgerinnen und Bürger im Rheinischen Revier dann selbst entscheiden: Sie organisieren sich, so das Konzept, bei der ReinRevierWende zum einen in einer kommunalen gemeinnützigen Flächengesellschaft, die sich um Arbeit und Weiterbildung für die Braunkohlebeschäftigten sowie um die Tagebaufolgen kümmert. Zudem wird eine Erneuerbare-Energien-Betriebsgenossenschaft gegründet, die den Bau und Betrieb der sauberen Kraftwerke organisiert. Die Einnahmen aus beiden Gesellschaften fließen bei Umsetzung des Konzeptes weitgehend in die Region zurück und verschaffen damit sowohl beteiligten Kommunen als auch den BürgerInnen langfristig solide Einnahmen.

Dass die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner durch die Vorschläge der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, kurz „Kohlekommission“, ebenso angemessen berücksichtigt werden, das ist in der Region die große Frage. Es überwiegt die Skepsis, auch wenn Antje Grothus die Interessen der Tagebaubetroffenen in der Kommission vertritt. Auch Greenpeace ist in diesem Gremium beteiligt, das einen Plan für die Zeit nach der Braunkohle in den Tagebaurevieren erarbeiten soll. Doch Umweltschützer und Braunkohlekritiker sind in der Minderheit. „Es besteht die Gefahr, dass die Bundesregierung, die schlussendlich die Entscheidung trifft, den Braunkohlekonzernen RWE, Leag und Mibrag für den Ausstieg aus diesem äußerst schmutzigen Energieträger viele Milliarden aus Steuermitteln zuschanzt, obwohl deren Tagebaue und Kraftwerke tatsächlich sehr viel weniger wert sind, wie wir durch unsere Analysen ermittelt haben“, sagt Greenpeace Energy-Vorstand Sönke Tangermann. „Dieses Geld sollte lieber in saubere Zukunftstechnologien und nachhaltige Perspektiven für die Menschen in den Tagebau-Regionen fließen.“ Oder, wie es der Koordinierungskreis Strukturwandel im Rheinischen Revier formulieren würde: in „gute Arbeit und gutes Leben“.
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