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EnergiewendeEnergiepolitikFaire Direktvermarktung ist nötig - und machbar!

Faire Direktvermarktung ist nötig – und machbar!

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Noch berät der Bundestag über die geplante EEG-Reform. Foto: Christoph Rasch/Greenpeace Energy eG

Am 1. August soll sie in Kraft treten: die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Die EEG-Novelle sieht unter anderem vor, dass Ökostrom künftig fast komplett über die Strombörse vermarktet werden soll. Nachteil dieser geplanten „verpflichtenden Direktvermarktung“: der Grünstrom wird an der Börse zu „Graustrom“ unbekannter Herkunft – zum Nachteil des Verbrauchers. Dabei kann eine Direktvermarktung von EEG-Strom an Endkunden sehr wohl fair und energiewirtschaftlich sinnvoll ausgestaltet werden, meint Marcel Keiffenheim in seinem Kommentar.

Jetzt, Mitte Juni, beraten noch die Politiker über die EEG-Reform von Energieminister Sigmar Gabriel . Doch bald werden wir wissen, ob der gesamte EEG-Strom fast ausschließlich als so genannter Graustrom über die Marktprämie am Spotmarkt landet. Oder ob der Gesetzgeber in der nun anstehenden Novelle doch noch erlauben wird, dass die Produktion deutscher Wind- und PV-Anlagen in nennenswerten Mengen auch unter Beibehaltung der grünen Eigenschaft zur Versorgung von Endkunden eingesetzt werden darf. Dies wäre höchst wünschenswert, und zwar aus vier Gründen: Wind- und Sonnenstrom würde energiewirtschaftlich besser eingebunden, als das derzeit der Fall ist; dezentrale und ökologisch ausgerichtete Versorgungskonzepte blieben möglich; die Akzeptanz der Energiewende würde durch direkte Lieferbeziehungen gestärkt; und wir hätten erstmals eine Form der Direktvermarktung, welche die EEG-Umlage nicht zusätzlich belastet, sondern sogar tendenziell entlastet.

Voraussetzung für diese Effekte ist eine kluge Rahmensetzung, so wie sie mehrere Ökostrom-Anbieter in den vergangenen Monaten in die Debatte eingebracht haben. In den vorgeschlagenen Modellen nimmt ein Versorger den gleichen EEG-Anteil ins Portfolio auf, wie er allen nicht-privilegierten Letztverbrauchern ohnehin zusteht. Derzeit wären das knapp 40 Prozent – die jedoch tatsächlich in Echtzeit zur Deckung des Kunden-Lastgangs dienen und nicht, wie heute üblich, bloß nachträglich „finanziell gewälzt“ werden. Der Versorger muss also mit dem „Gezappel“ der unstet einspeisenden Wind- und PV-Anlagen umgehen lernen. Eine zusätzliche Integrationszahlung reizt an, beispielsweise das Verbrauchsverhalten der Kunden an das Dargebot der fluktuierenden Erneuerbaren anzupassen. Mit anderen Worten: Der Versorger agiert innovativ und systemdienlich für die neue Energiewende-Welt; im Gegenzug erhält er für die eingebundenen EEG-Strom-Mengen die grüne Eigenschaft.

Wir hätten erstmals eine Form der Direktvermarktung, welche die EEG-Umlage nicht zusätzlich belastet, sondern sogar tendenziell entlastet.“ Marcel Keiffenheim

Diese Vorteile würden nicht zu Lasten der EEG-Umlage oder der EEG-Strom-Anteile gehoben, die sonstigen Nicht-Ökostrom-Kunden zugerechnet werden. Der Vorschlag der Ökostromer sieht nämlich vor, dass sich nicht nur die vorgeschriebene EEG-Strom-Menge an dem Anteil orientiert, der ohnehin allen nicht-privilegierten Verbrauchern zuzurechnen ist. Auch der finanzielle Betrag, der für den Bezug des EEG-Stroms zu zahlen ist, muss mindestens dem entsprechen, was die sonstigen Verbraucher über ihre EEG-Umlage leisten.

Zugegeben: Direktvermarktung ist naturgemäß kein einfaches Thema. Die vorgeschlagenen Modelle der Ökostromanbieter bilden da sicher keine Ausnahme. Deshalb wird jetzt darüber nachgedacht, zunächst eine Verordnungsermächtigung im EEG zu verankern. Sie würde ermöglichen, eine Direktvermarktung von EEG-Strom an Endkunden zu einem späteren Zeitpunkt einzuführen – wenn die Fachdebatte zu einem überzeugenden Ergebnis geführt hat.

Eines der diskutierten Modelle für eine sinnvolle Direktvermarktung ist das Ökostrom-Markt-Modell. Hier erklären wir dieses Prinzip.

Marcel Keiffenheim
Marcel Keiffenheim
Leitet bei Green Planet Energy den Bereich Politik und Kommunikation. Hat 20 Jahre lang als Journalist gearbeitet, unter anderem für Frankfurter Rundschau und Greenpeace Magazin, bevor es ihn in die Energiepolitik zog.