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EnergiewendeEnergiepolitikÖkostromanbieter fordern von EU mehr Ambition bei Novelle der europäischen Erneuerbaren-Richtlinie

Ökostromanbieter fordern von EU mehr Ambition bei Novelle der europäischen Erneuerbaren-Richtlinie

Hamburg/Düsseldorf/Schönau, 18. November  –  Damit die EU ihr selbstgestecktes Ziel einer Klimaneutralität bis spätestens 2050 tatsächlich erreichen kann, muss die EU-Kommission ihren aktuellen Entwurf der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) deutlich nachbessern. Das fordern die Ökostromanbieter EWS Schönau, Green Planet Energy und NATURSTROM in einer gemeinsamen Stellungnahme. Insbesondere mahnen sie einen ambitionierteren Ausbau der Erneuerbaren Energien an, zudem sehen sie dringenden Anpassungsbedarf bei der Ausweisung von grünem Wasserstoff und der Ökostrom-Kennzeichnung.

Aktualisierung vom 18.11.21, 12.30 Uhr:
Der Großhandelspreis für Gas ist derzeit sehr volatil und auf einem historisch hohem Niveau. Von dieser Preisrallye sind wir auch als Ökoenergieversorger betroffen. Aufgrund der derzeit extrem hohen Beschaffungskosten für Gas können wir mögliche neue Kund:innen momentan nicht mehr zu unseren aktuell geltenden Konditionen versorgen. Im Sinne unserer Bestandskund:innen haben wir uns deshalb dazu entschieden, in der Gasversorgung vorübergehend keine Neukund:innen anzunehmen. Wir bedauern diesen Schritt, der aufgrund der aktuellen Situation leider bis auf Weiteres notwendig ist. Und wir hoffen, bald wieder neue Kund:innen bei uns begrüßen zu können.


„Wir schlagen vor, das Ziel über den Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch im gesamten EU-Energiemix bis 2030 auf mindestens 45, besser noch 50 Prozent anzuheben. Denn nur wenn wir in den kommenden zehn Jahren das Energiewende-Tempo drastisch beschleunigen, bleibt das Ziel, schnellstmöglich Klimaneutralität in Europa zu erreichen, in Sicht“, so Sebastian Sladek, Vorstand der EWS Elektrizitätswerke Schönau eG. Hierfür benötige es vor allem ambitioniertere und verbindliche Erneuerbaren-Ziele sowie zugehörige Maßnahmenkataloge in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten. Auch die künftige Bundesregierung müsse hier kräftig nachlegen.

Nötig ist ein deutlich höheres Ökostrom-Ausbautempo auch, um die Dekarbonisierung der Industrieproduktion durch grünen Wasserstoff voranzubringen. Damit dies gelingt und die europäische Wasserstoffwirtschaft nicht zum Spielfeld der alten Erdgas- und Erdölindustrie wird, drängen EWS, Green Planet Energy und NATURSTROM auf strenge Kriterien: „Wasserstoff darf nur dann als grün anerkannt werden, wenn er nachweisbar mit Erneuerbaren Energien hergestellt wurde. Herkunftsnachweise allein genügen nicht, um die nötige grüne Qualität zu garantieren“, fordert Sönke Tangermann, Vorstand von Green Planet Energy. „Für die Produktion von grünem Wasserstoff müssen zusätzliche Ökostrommengen in Deutschland und Europa genutzt werden. Zudem muss der zeitliche und räumliche Zusammenhang der Produktion des erneuerbaren Stroms und des Wasserstoffs nachgewiesen werden“, ergänzt er. Ohne ausreichenden Ökostrom und ohne die Korrelation von grünem Strom und damit erfolgter Wasserstoffproduktion würde die von Europa angestrebte H2-Produktion mit fossilen Energieträgern erfolgen. „Das würde die Klimakrise anheizen und nicht verhindern“, so Tangermann.

Äußerst skeptisch sind EWS, Green Planet Energy und NATURSTROM zudem gegenüber einer Änderung im gegenwärtigen Kommissionsentwurf, die das Potenzial hat, den deutschen Strommarkt mit Greenwashing-Produkten zu überschwemmen: Den Mitgliedsstaaten soll die Möglichkeit genommen werden, Erneuerbare-Energien-Anlagen, die eine Förderung erhalten, keine handelbaren Herkunftsnachweise auszustellen. In Deutschland gilt aktuell auf Grundlage dieser Möglichkeit das sogenannte Doppelvermarktungsverbot. Dieses gewährleistet, dass Ökostrom, den die Verbraucherinnen und Verbraucher über die EEG-Umlage mitfinanziert haben, anteilig in der Stromkennzeichnung ausgewiesen wird. Für die entsprechenden Strommengen wird somit kein Grünstrom-Herkunftsnachweis ausgestellt, den die Anlagenbetreiber dann handeln und damit zusätzlich zur Förderung Erlöse erzielen könnten.

„Sollten künftig für Strom aus EEG-vergüteten Anlagen Herkunftsnachweise ausgestellt werden, sinkt der Wert solcher Zertifikate ins Bodenlose. Das würde nicht nur Greenwashing-Tarifen Tür und Tor öffnen, sondern auch die gerade beginnende Entwicklung förderfreier Öko-Kraftwerke massiv zurückwerfen, die sich auch über ihre Herkunftsnachweise finanzieren“, warnt Dr. Thomas E. Banning, Vorstandsvorsitzender von NATURSTROM.

Die drei Ökostromanbieter fordern deshalb im Interesse der Energiewende und im Sinne des Verbraucherschutzes, dass die Mitgliedstaaten auch künftig Doppelvermarktungsverbote oder ähnliche Regelungen nutzen können.


Die
EWS Elektrizitätswerke Schönau eG ist eine Energiegenossenschaft, die aus einer Bürgerinitiative in Schönau im Schwarzwald hervorgegangen ist, welche sich vor dem Hintergrund der Katastrophe von Tschnernobyl für eine ökologische und zukunftsfähige Energieversorgung eingesetzt hat. Heute versorgen die EWS mehr als 220.000 Kundinnen und Kunden mit Ökostrom und Biogas. Die EWS betreiben das lokale Stromnetz in Schönau. Darüber hinaus betreibt der Ökostromversorger ökologische Nahwärmenetze in der Region Südschwarzwald, die kontinuierlich ausgebaut werden. Um den Übergang hin zu dezentralen und erneuerbaren Energien voranzutreiben bauen und betreiben die EWS zudem Windkraft- und Solaranlagen. Die Genossenschaft mit aktuell mehr als 10.000 Mitgliedern versteht sich als politisches Unternehmen mit dem übergeordneten Ziel die Energiewende zu realisieren und maximalen Klimaschutz zu erreichen. In diesem Sinne führen die EWS gemeinsam mit Partnern in Deutschland und Europa Kampagnen und wissenschaftliche Studien durch. Seit ihrer Gründung 1994 sind die EWS kontinuierlich gewachsen. Heute arbeiten rund 230 Mitarbeitende in Schönau, Freiburg und Berlin, um gemeinsam einen Beitrag an der Erhaltung unseres Planeten zu leisten.

Green Planet Energy eG ist eine von der Umweltschutzorganisation Greenpeace e.V. gegründete Energiegenossenschaft mit über 215.000 Strom- und Gas-Kund:innen. Ziel der Genossenschaft mit ihren rund 28.000 Mitgliedern ist neben dem Angebot qualitativ besonders hochwertiger Ökoenergie-Produkte ausdrücklich auch der Einsatz für das Gelingen der Energiewende. Hierfür leistet Green Planet Energy politische und wissenschaftliche Arbeit. Über die 100-prozentige Tochter Green Planet Projects werden zudem Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) und Elektrolyseure zur Herstellung von grünem Wasserstoff gebaut und betrieben. Ziel von Green Planet Energy eG ist, durch den Bau von Wind- und PV-Anlagen einen positiven Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele insgesamt als auch zum Fortkommen der Energiewende und damit zum Schutz von Natur- und Umwelt zu leisten.

Die NATURSTROM AG wurde 1998 in Düsseldorf gegründet und versorgt mehr als 300.000 Haushalte, Unternehmen und Institutionen mit naturstrom, naturstrom biogas und nachhaltiger Wärme. Damit ist NATURSTROM der größte unabhängige Ökostromanbieter in Deutschland. Das Unternehmen setzt auf den konsequenten Ausbau dezentraler, erneuerbarer Energien. Rund 350 Öko-Kraftwerke sind durch Mitwirkung von NATURSTROM bislang ans Netz gegangen. Zudem realisiert NATURSTROM verbrauchsnahe, sektorenübergreifende Versorgungslösungen: von der ökologischen Nahwärmebelieferung in ländlichen Kommunen über Mieterstrom bis hin zu Strom-, Wärme- und E-Mobilitätsangeboten für Betriebe oder Quartiere. Mehr als 400 Beschäftigte bringen an 13 Standorten die Energiewende voran. Für ihre Vorreiterrolle wurde die NATURSTROM AG vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Europäischen Solarpreis. Weitere Hintergründe dazu, wie NATURSTROM die dezentrale Energiewende gestaltet: https://energiewelt.naturstrom.de.

Michael Friedrich
Michael Friedrich
hat nach der Ausbildung an der Henri-Nannen-Schule rund 25 Jahre als Redakteur gearbeitet, unter anderem bei WDR, Spiegel TV, GEO und dem Greenpeace Magazin. Seit 2015 ist er als Pressesprecher von Green Planet Energy für die Energiewende aktiv.