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Zero Waste als Lebensstil: Reduce, Reuse, Recycle

Unverpackt einkaufen – das war noch vor einigen Monaten nur wenigen Menschen hierzulande ein Begriff. Angefangen mit einer Handvoll verpackungsfreier Läden in den hiesigen Großstädten, hat sich die Zahl der Unverpackt Läden mittlerweile vervielfacht und eine große und bundesweit vernetzte „Zero Waste“ Community gebildet.

Zero Waste Pionierin Olga Witt. Foto: Tante Olga

Als wir vor einigen Jahren begannen, uns verstärkt mit der veganen Lebensart zu beschäftigen, waren die Rahmenbedingungen ähnlich. Es waren Pioniere, Vorreiter, die maßgeblich dafür verantwortlich waren, dass ein bis dato absolutes Nischenthema seinen Weg bis in die Mitte der Gesellschaft finden konnte.

Zero Waste Bewegung als Trend

Pionierinnen wie unserer Kundin Olga Witt ist es zu verdanken, dass sich nun der „Zero Waste Lifestyle“ anschickt, eine ähnliche Entwicklung zu nehmen. Mit „Tante Olga“ gründete sie Kölns ersten Unverpackt Laden, betreibt ihren eigenen Blog, schrieb ein Buch zum Thema und reist für Vorträge durch die Republik. Zusätzlich zum zweiten Buch wurde auch der zweite „Tante Olga“ Laden eröffnet.

Greenpeace Energy: Liebe Olga, Du lebst seit vielen Jahren nach dem „Zero Waste“ Prinzip. Erkläre uns kurz, was sich dahinter verbirgt.

Olga Witt: Zero Waste bedeutet „Kein Müll und keine Verschwendung“. Es geht darum, seinen eigenen Müll zu reduzieren und unnötige Verschwendung zu minimieren. Der Leitsatz, dem man dabei folgt lautet: Reduce, Reuse, Recycle. Also die Reduzierung des Verbrauchs und die Vermeidung. Dinge die schon da sind, länger zu nutzen, Gebrauchtes zu kaufen und Ungenutztes abzugeben. Und erst an dritter Stelle das Recycling. Recycling ist zwar wichtig, verbraucht aber immer Energie und funktioniert leider nicht ansatzweise befriedigend.

GPE: Was war für Dich der ausschlaggebende Grund, diesen Weg einzuschlagen?

Olga: Müll wird bisher nicht befriedigend recycelt. Wir leben in einem linearen System aus Rohstoffförderung, Nutzung und Entsorgung. Die folgende Müllverbrennung beeinflusst unser Klima. Müll in den Weltmeeren fordert jährlich den qualvollen Tod von Millionen Tieren. Der letzte Regenwald wird schneller gerodet, als unser Drucker drucken kann. Immer noch auf Wachstum zu setzten, was auf einem runden Planeten rein physikalisch nicht möglich ist, halte ich zudem für nicht sehr vorausschauend. Unsere Wirtschaftsform ist zudem weder gerecht, noch gesund, weder für Tiere, noch für uns Menschen und auch nicht zukunftsfähig. Besonders glücklich und zufrieden macht uns all der Reichtum ebenfalls nicht. Das sind alles nicht die Gründe, warum ich damit angefangen habe, aber alles Gründe, warum ich nie wieder damit aufhören möchte.

GPE: Von Dir selber schreibst Du auf Deinem Blog Zero Waste Lifestyle, dass Dich diese Erfahrung sehr verändert hat. Du besitzt weniger, verzichtest auf vieles und bist doch glücklicher, als Du es jemals warst. Wie genau sieht die Veränderung aus? Es geht ja um mehr, als „nur“ weniger Müll zu produzieren, oder?

„Ein Leben ohne Müll – mein Weg mit Zero Waste“ Foto: Privat

Olga: Es geht um deutlich mehr. Für mich hat sich alles verändert. Ich bin raus aus einem unbefriedigenden Job, aus dem Hamsterrad von Arbeit, Erschöpfung und Fernsehen. Ich lebe deutlich selbstbestimmter, weil mein Tun nicht mehr so stark von gesellschaftlichen Normen geprägt ist, sondern vor allem von ethischen Grundsätzen. Der Konsumverzicht hat dazu geführt, dass der stetige Drang nach mehr Besitz und tolleren Sachen verschwunden ist. Ich bin zufrieden mit dem was ich habe, ohne mehr haben zu wollen. Auch fühle ich mich natürlich schön, seit ich kein Makeup mehr trage und keine Werbung mehr gucke.

No Waste und plastikfrei – funktionert das?

GPE: Aus eigener Erfahrung wissen wir, wie schnell eine idealistische Vorstellung am alltäglichen Leben scheitern kann. Alleine wenn man sich die Gemüseabteilungen in den Supermärkten anschaut. Alles voller Plastik. Darauf zu verzichten, wird einem wirklich schwer gemacht. Wie gehst Du damit um? Vielleicht hast Du ein paar Tipps für uns?

Olga: Unterstützt wird es nicht gerade, dass stimmt. Mit der Zeit findet man aber heraus, wo man hingehen muss, um unverpacktes Gemüse zu bekommen. Märkte und Bioläden sind eine gute Anlaufstelle. Allerdings würde ich immer darauf achten, dass es Bio-Gemüse ist, selbst wenn es verpackt ist. Die konventionelle Landwirtschaft hat einen weitaus negativeren Effekt als die Verpackung. Da ist noch alles lose. Mitgebrachte Stoffsäckchen können die Tüten ersetzten.

GPE: Gibt es denn etwas – gleich aus welchem Alltagsbereich – wo es selbst Dir nicht möglich ist, komplett müllfrei zu sein?

Olga: Komplette Müllfreiheit gibt es nicht. Wenn man bedenkt, dass alle Gegenstände, die wir nutzen, auch Kleidung, Handys, Möbel und Fahrradschläuche irgendwann zu Müll werden, wird das schnell deutlich. Deshalb geht es bei Zero Waste auch nicht nur um das Vermeiden von Verpackungsmüll und Einwegprodukten. Es geht mit einem deutlich reduzierten Konsum einher. Der Müll ist nämlich nur das sekundäre Problem. Die Verschwendung unserer Ressourcen ist noch viel wesentlicher. Deshalb habe auch ich noch Müll, aber deutlich weniger als die 618 kg, die der Durchschnittsbürger im Jahr hinterlässt.

Kölns erster Unverpackt Laden

GPE: Du betreibst gemeinsam mit Deinem Mann Gregor und Deiner Partnerin Dinah „Tante Olga“, Kölns ersten Unverpackt Laden. Ganz offensichtlich mit großem Erfolg. Der Weg dahin wird aber sicher nicht ganz ohne Aufregung verlaufen sein?

Olga: Nein, überhaupt nicht. Wir sind alle Quereinsteiger und kannten uns mit dem Lebensmittelhandel gar nicht aus. Unsere Kunden verzeihen uns die Lernphase, weil wir um das Know How, wie man Müll vermeiden kann umso mehr Expertise und Erfahrung mitbringen. Auch fehlten uns jegliche finanzielle Mittel zur Umsetzung. Lediglich durch die große Unterstützung zahlreicher Spender war es uns möglich, diesen Schritt zu gehen, der nun so vielen Menschen ermöglicht, unverpackt einzukaufen und von Zero Waste zu lernen.

GPE: Mittlerweile plant Ihr Euren zweiten Laden in Köln Nippes. Habt Ihr darüber hinaus weitere Pläne mit der „Tante Olga“?

Olga: Mit Tante Olga erstmal nicht. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn etwas Ruhe einkehrt. Ich persönlich arbeite gerade an meinem zweiten Buch und mit der von mir gegründeten Initiative Zero Waste Köln daran, dass Köln zu einer Zero Waste Stadt wird.

Olga Witt im Hambacher Forst. Foto: Privat

GPE: In den vergangenen Wochen wart Ihr regelmäßig im Hambacher Forst und habt gegen die Abholzung durch die RWE protestiert. Wie habt Ihr die letzten Wochen dort erlebt?

Olga: Extrem bewegend. Ich bin heulend durch den Wald gelaufen, bei dem Anblick dieser gigantischen Polizeimaschinerie und all diesen Menschen, die so viel aufs Spiel setzten, um sich für den Wald und für ein komplettes gesellschaftliches Umdenken einsetzten. Für den Ausstieg aus der Kohle, für die soziale Gerechtigkeit, für ein Ende des Wachstums und der Lobbyhörigkeit. Ich bin gerade diesen Menschen so dankbar, was sie für unser aller Zukunft leisten!

GPE: Olga, wir danken Dir vielmals für Deine Zeit und wünschen Euch viel Erfolg für Eure Crowdfunding Kampagne.

Info: Die Crowdfundingkampagne für Tante Olga in Köln-Nippes läuft noch bis zum 10. November 2018. Jeder Unterstützerin und jedem Unterstützer winken tolle Dankeschöns. Zum Unterstützen geht es HIER entlang..

Matthias Hessenauer
Matthias Hessenauer
Der Medienkaufmann und studierte Marketing-Kommunikations-Ökonom ist seit 2008 bei Green Planet Energy tätig. Nach seinem Quereinstieg in den Privatkundenservice und weiteren acht Jahren im Marketing, verantwortet er seit 2019 den Bereich Kooperationen bei Green Planet Energy.