Es ist ein Zeichen für das aktuelle Versagen der Klimapolitik in Deutschland im Allgemeinen und in Baden-Württemberg im Speziellen: Bis zu diesem Tag wurden im Jahr 2020 in diesem Bundesland ganze acht Windkraftanlagen in Betrieb genommen. Fünf davon gehören zum Windpark Drackenstein auf der Schwäbischen Alb, den wir heute zusammen mit dem Geislinger Albwerk öffentlich in Betrieb genommen haben*.
Drei der insgesamt fünf Nordex-131-Anlagen mit jeweils 3,3 Megawatt Leistung wird dabei unsere Projekte-Tochter Planet energy betreiben, die beiden anderen das Albwerk, der regionale Stromversorger. Zusammen können die Ökokraftwerke rund 43,5 Millionen Kilowattstunden klimafreundlichen Strom im Jahr erzeugen und damit rechnerisch 14.500 Haushalte versorgen. „Wir setzen mit unserem Windpark fünf Ausrufezeichen in einer Zeit, in der Deutschland seine Klimaschutzziele drastisch zu verfehlen droht“, sagte Julian Tiencken, Prokurist von Planet energy, bei seiner Rede vor der aus Corona-Gründen begrenzten Zahl von Gästen aus der Gemeinde Drackenstein und den Medien.
Die fünf Windkraftanlagen, rund 50 Kilometer südöstlich von Stuttgart, sind mit einer Nabenhöhe von 164 Metern und einer Gesamthöhe von fast 230 Metern für Binnenland-Standorte optimiert. „In Drackenstein finden wir gute Windgeschwindigkeiten vor, die durch die eingesetzte Technologie maximal genutzt werden können, um in unserer Region sauberen Strom zu erzeugen“, erklärte Hubert Rinklin, Vorstandsvorsitzender der Albwerk-Genossenschaft bei der Inbetriebnahme. „Der Windpark ist für uns ein weiterer wichtiger Baustein, um die Energiewende vor Ort und in Baden-Württemberg voranzutreiben.“ Dort stockt der Ausbau der Windkraft seit dem letzten Jahr massiv: Auch 2019 gingen im Ländle lediglich acht Windkraftanlagen ans Netz.
Allein durch den regenerativen Strom aus dem neuen Windpark werden im Vergleich zum aktuellen bundesdeutschen Strommix pro Jahr fast 24.000 Tonnen weniger CO2 ausgestoßen. Das freut auch Drackensteins Bürgermeister Roland Lang. Für seine Gemeinde ist der Windpark ein wichtiger Beitrag zu mehr Klimaschutz in seiner Kommune und auf der Schwäbischen Alb: „Die Drackensteiner Bürgerinnen und Bürger stehen hinter dem Windpark“, sagte Lang. „Man ist sich bei uns einig: Wer keinen Strom aus Atomkraft und Kohle will und den Klimawandel aufhalten möchte, muss auch Windkraft- und Solaranlagen positiv gegenüberstehen.“ Eine „Nicht-vor-unserer-Haustür-Mentalität“, konstatierte der Bürgermeister, gebe es in seiner Gemeinde nicht. Windräder müssten dort stehen, wo es ausreichend Wind gibt – und das sei in Drackenstein der Fall. Wie zur Bestätigung wehte dazu ein kräftiger Wind über die Alb.
Um den stockenden Ausbau der erneuerbaren Energien weiter voranzutreiben, insbesondere der Windkraft, drängen das Albwerk und Planet energy auf verbesserte Strukturen und eine Anpassung der Gesetzeslage: „Wir brauchen konkrete, technologiespezifische und verbindliche Ausbaupfade sowie eine Beschleunigung, Vereinfachung und länderübergreifende Angleichung von Planungs- und Genehmigungsverfahren“, betont Hubert Rinklin vom Albwerk.
Julian Tiencken von Planet energy wies in diesem Zusammenhang auf das von Greenpeace Energy vorgeschlagene „Windkraft-an-Land-Gesetz“ hin. Das brächte einen Paradigmenwechsel: Denn danach würde der Windpark-Bau mit anderen Infrastrukturprojekten im öffentlichen Interesse gleichstellt und so – bei Beachtung des Naturschutzes – entscheidend beschleunigt . „Mit dem jetzigen Tempo kriegen wir die Klimakrise nicht in den Griff“, sagte Tiencken. Die Technologie, die finanziellen Mittel und tatkräftige Windkraft-Projektierer stünden bereit, um das Ausbautempo auf das erforderliche Maß zu steigern. Jetzt brauche es den politischen Willen zur Umsetzung: „Die Regierung muss jetzt beim Klimaschutz mindestens so entschieden handeln, wie das bei der Corona-Pandemie erforderlich war und ist.“
* Eine sechste haben wir 2020 im württembergischen Windpark Frickenhofen in Betrieb genommen.