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EnergiewendeEnergiepolitikPPAs: Heimliche Helfer im Strommarkt der Erneuerbaren

PPAs: Heimliche Helfer im Strommarkt der Erneuerbaren

Langfristige Stromliefer-Verträge helfen enorm bei der Integration von Solar- und Windkraft in den Strommarkt und stabilisieren die Preise. Das zeigt jetzt eine Kurzanalyse für Green Planet Energy. Carolin Dähling, stellvertretende Bereichsleiterin Politik und Kommunikation bei der Ökoenergiegenossenschaft meint: In der Ausgestaltung des Strommarktdesigns müssen PPAs deshalb unbedingt ausreichend berücksichtigt werden. Auch im Reparaturgesetz für die Strompreisbremse sollte die Regierung die Belieferung von Endkund:innen aus eigenen Erneuerbaren-Anlagen ermöglichen und unternehmensinterne PPAs nach ihren realen Erträgen bewerten.

Jedes Kind weiß: Die größte Herausforderung beim Umstieg auf eine 100%-erneuerbare Stromerzeugung ist die Volatilität von Wind und Sonne: Was macht man mit dem überschüssigen Strom, wenn der Wind weht und die Sonne scheint? Was ist mit windarmen Tagen, an denen es die Sonne kaum durch die Wolkendecke schafft?

 Carolin Dähling, stellvertretende Bereichsleiterin Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy.
Es kommentiert Carolin Dähling, stellvertretende Bereichsleiterin Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy. Foto: Christine Lutz / Green Planet Energy eG; Foto oben: Sabine Vielmo

Die meisten Expert:innen übersehen, dass sich in den vergangenen Jahren ein Instrument herausgebildet hat, das bei der Flexibilisierung und Stabilisierung von Preisen Hilfe durch die Hintertür bringt: Langfristige Verträge zur Stromlieferung – im Branchenslang Power Purchase Agreements oder kurz PPAs genannt.

„Im Endkundenmarkt sind Beschaffungsstrategien mit PPA ein Flexibilisierungstreiber und ein Inkubator für dynamische Tarifbestandteile“, schreibt Energy Brainpool in seiner aktuellen Analyse für Green Planet Energy zur „Rolle von PPAs im Strommarktdesign“.

Speicher und Elektrolyse, variable Tarife, intelligente Stromzähler und flexible Nachfrage, etwa durch die Verschiebung der Produktionszeiten in der Industrie sind Instrumente, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Aber es sind oftmals teure und technisch nur langsam umsetzbare Lösungen für ein Problem, das mit jeder neu installierten Solaranlage und jedem Windrad drängender wird.

Jede Kilowattstunde wird zehnmal gehandelt

PPAs wirken, weil Betreiber von Windparks und Solaranlagen ihren Strom langfristig an Händler (und nur selten direkt an einen Großverbraucher wie eine Fabrik) verkaufen. Die Händler kaufen die Strompakete so ein, dass sie auf die Bedürfnisse ihrer Kund:innen passen – sie komponieren ihr Portfolio entsprechend der Nachfrage. Der Strommarkt hat sich dabei weitgehend zu einem veritablen Basar entwickelt: Jede einzelne Kilowattstunde wird heute in Deutschland knapp zehn Mal gehandelt (die sogenannte „Churn Rate“) und in immer neue Produkte verwoben, bevor sie es vom Windrad zu den Endverbraucher:innen schafft.

„Ein Kraftwerksbetreiber verkauft seine geplante Produktion Jahre im Voraus, Großhändler restrukturieren diese Strommengen und handeln sie untereinander, bevor Großverbraucher sie bedarfsgerecht und portioniert beziehen, um den Endverbrauch zu decken“, schreibt Energy Brainpool.

Angebot und Nachfrage abstimmen

Erst diese Handelskaskade der Grünstrom-Termingeschäfte ermöglicht es den Privat- und Gewerbekunden auf der einen und den Öko-Energieversorgern auf der anderen Seite, ihre Energieinteressen aufeinander abzustimmen. Gleichzeitig drängen PPAs die Energieversorger dazu, für ihren Stromüberschuss neue Vertriebsstrukturen und Anreize für Flexibilität zu entwickeln: Etwa das Laden des E-Autos in der Mittagszeit oder Wärmepumpen-Tarife. So dämpfen PPAs auch das Auf und Ab der Börsenpreise.

PPAs im Strommarkt der Zukunft stärken

Bei den PPAs bietet sich tatsächlich für die Strommärkte der Zukunft die Chance, die Ökonomie für die Ökologie arbeiten zu lassen. Wir sollten das Potenzial nutzen und müssen PPAs deshalb unbedingt in unserem neuen Strommarktdesign stärken.

Wünschenswert wäre zudem, dass die Bundesregierung die Wirkung der PPAs bei der laufenden Reparatur der Strompreisbremse berücksichtigt. Aktuell führt das Gesetz dazu, dass nach dem 01.11.22 abgeschlossene PPAs nicht mehr nutzbar sind. Unternehmensinterne PPAs und die von miteinander verbundenen Unternehmen für die Belieferung von Endkund:innen werden gänzlich unmöglich gemacht. Es bedarf rechtlicher Klarstellungen, damit die unternehmensinternen PPAs unter die vorgesehenen Absicherungsmechanismen der Strompreisbremse fallen. Vor allem darf der Gesetzgeber nicht jede Preisanpassung bei den Endkunden als „neuen Vertrag“ definieren – da dies sofort zur Abschöpfung nach Börsenwert führen und diesen Handel unmittelbar stoppen würde.

Hier finden Sie unseren Brief an Bundesregierung und die Mitglieder des Bundestages sowie die erwähnte Studie von Energy Brainpool. (im Archiv unter „Hintergrundpapier & Stellungnahmen“)

Hinweis: Dieser Beitrag erschien zuerst bei klimareporter.

Carolin Dähling
Carolin Dähling
Die studierte Wirtschaftsingeneurin arbeitet seit 2019 bei Green Planet Energy im Bereich Politik und Kommunikation. Wenn sie nicht gerade mit Politiker:innen oder anderen Akteuren diskutiert, begeistert sie sich für vegane Ernährung und alles was mit Nachhaltigkeit und Klimaschutz zusammenhängt.