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EnergiewendeKohleausstiegKlimaziele: Der Kohleausstieg ist und bleibt harte Arbeit

Klimaziele: Der Kohleausstieg ist und bleibt harte Arbeit

Im Dezember 2015 verpflichtete sich Deutschland mit der Zustimmung zum Pariser Klimaschutzabkommen, seinen Betrag zu leisten, damit die Erderwärmung möglichst auf 1,5° C begrenzt werden kann. Zum fünften Jahrestag des Vertrages am 12. Dezember erscheint es angesichts der praktischen Politik der Bundesregierung höchst zweifelhaft, ob Deutschland genug tut, um dieses völkerrechtlich verbindliche Ziel tatsächlich auch erreichen zu können. Wir ziehen Bilanz, was in diesem Jahr in der Kohlepolitik passiert ist – und welche Zeichen unsere Solarstrom-plus-Kund*innen gemeinsam mit uns für den Klimaschutz gesetzt haben.

Rheinisches Revier

Britta Kox vor Bagger im Tagebau Garzweiler II
Britta Kox vor Bagger im Tagebau Garzweiler II. Fotos (2): Andreas Fechner / Greenpeace Energy; Foto oben: Shutterstock

Im Oktober 2020 hat die NRW-Landesregierung mit dem Entwurf ihrer Leitentscheidung für das Rheinische Braunkohlerevier eindeutig Partei für den Kohlekonzern RWE ergriffen: Sie will die Bagger im Braunkohletagebau Garzweiler II bis zum bitteren Ende laufen lassen und in dem Zuge sechs weitere Dörfer von der Landkarte löschen. Das ist nicht nur völlig inkompatibel mit dem 1,5-Grad-Ziel von Paris, sondern zugleich eine Missachtung des von Ministerpräsident Armin Laschet selbst mitbeschlossenen Kohlekompromisses, der Frieden auch ins Rheinische Revier bringen sollte. Menschen wie Britta Kox oder David Dresen hingegen müssen weiter um ihre Heimat bangen. Gemeinsam sind sie in dem Bündnis „Alle Dörfer Bleiben“ engagiert und versuchen, ihr Zuhause zu verteidigen – gegen eine längst als „NRWE“ gebrandmarkte Koalition aus Landesregierung und RWE.

Vogelansicht vom Braunkohletagebau
Früher bester Ackerboden, heute Braunkohle-Wüste – Braunkohletagebau im Rheinischen Revier.

Es ist eine ungleiche Auseinandersetzung von David gegen Goliath – und Goliath hat die Coronakrise genutzt, um sich immer näher an die Dörfer heran zu graben. Dieses Jahr entlud sich der Konflikt unter anderem entlang der Landstraße L277, die für die Initiativen vor Ort lange als rote Linie galt zwischen der Abbruchkante und den Dörfern. Die schönen Alleebäume hat RWE gegen den Widerstand vor Ort unter Polizeischutz allesamt gefällt. Noch bis Anfang dieses Jahres war der Hambacher Forst Mittelpunkt der Auseinandersetzungen zwischen Zivilbevölkerung und Polizei. Dieser darf nun, wie die die Aktivist*innen gefordert hatten, wirklich bleiben. Sicher ist er allerdings nicht vor dem Kohlekonzern: Um das übrig gebliebene Waldstück wird weiter herumgebaggert, für den Abbau wird Grundwasser abgepumpt. Das dürfte nicht nur für den Wald, sondern auch für die Landwirte in der Region noch zu einem Problem werden. Dabei dürfte die Kohle dort nie abgebaggert werden, wenn die Paris-Ziele erreicht werden sollen. Doch RWE, das sich gerade ein grünes Mäntelchen als Erneuerbaren-Akteur umzuhängen versucht, hält stur an den Plänen fest. Die Braunkohlebagger stehen nur noch 200 Meter vor Keyenberg entfernt. Selbst unter Quarantänebedingungen hält jedoch der zivile Protest in Form von Demonstrationen, bunten Aktionen und Solidaritätsbekundungen unvermindert an: Das Herz verlässt nie einen Ort, an dem es hängt.

Lausitz und Leipziger Land

Was teilen sich Brandenburg und Sachsen? Genau – Deutschlands zweitgrößtes Braunkohleabbaugebiet. Während Politiker*innen vom Strukturwandel reden, der dringend vorangetrieben werden müsse, werden weiterhin Menschen aus ihren Dörfern vertrieben – oder, wo immer möglich, herausgekauft. Immerhin: das Land Brandenburg hat Änderungen für den bestehenden Braunkohleplan bekannt gegeben, die dafür sorgen würden, dass sowohl das Dorf Proschim als auch der Flugplatz Welzow erhalten bleibt. Noch hat das Unternehmen LEAG jedoch keine Pläne bestätigt – auch das neue Revierkonzept, ursprünglich für diesen Sommer angekündigt, lässt noch immer auf sich warten.

Vogelansicht eines Ortes in dessen Nähe ein Atomkraftwerk steht
Luftaufnahme von Pödelwitz im Sommer. Foto: Christian Hueller

Eine Erfolgsgeschichte lässt sich auch über ein kleines widerständiges Dorf nahe Leipzig erzählen: Während in der Region insgesamt über 120 Dörfer den Baggern zum Opfer gefallen sind, wird Pödelwitz bleiben! Jahrzehnte kämpften die Anwohner*innen gegen die MIBRAG, ein Unternehmen, das noch 2018 rund 400 Millionen Euro Umsatz machte und trotzdem nicht die Finger vom kleinen idyllischen Pödelwitz lassen wollte. Es sollte dem Tagebau Vereinigtes Schleenhain weichen. Doch seit diesem Jahr können die betroffenen Anwohner*innen nun endlich wieder die Zukunft ihres Dorfes planen! Eines ihrer Ziele ist, ihr Dorf komplett erneuerbar und selbst zu versorgen. Darin unterstützen wir sie gerne, mittlerweile bereits mit der dritten Solaranlage! Wir wünschen den Pödelwitzer*innen viel Erfolg auf ihrem Weg in eine erneuerbare Zukunft – und wollen sie möglichst lange dabei weiter begleiten.

Emissionen rasch senken – egal, ob aus Braun- oder Steinkohle

Der Widerstand gegen die Kohleverstromung – egal ob aus Braun- oder Steinkohle – ist für die meisten Klimaschützer*innen inzwischen längst zu einem Kampf geworden. Dies wurde spätestens bei den Protesten gegen die Inbetriebnahme des Steinkohlemeilers Datteln 4 deutlich. Zwei Kohlearten, ein Problem: Das Zeitfenster, in dem eine Beendigung der Nutzung von fossilen Energieträgern nötig ist, schließt sich immer rascher. Auch wir wollen deshalb aus dem Solarstrom-plus-Fördertopf in Zukunft nicht mehr ausschließlich Photovoltaikprojekte in Braunkohleregionen fördern, so wie bisher. Wir wollen künftig deutschlandweit auch im Umkreis von Steinkohlekraftwerken Initiativen in ihrem Engagement für den Kohleausstieg stärken und mit ihnen vor Ort Zeichen für die solare Stromerzeugung setzen.

Logo der Europäischen Kommission auf einer Fensterscheibe
Greenpeace Energy hatte bei der EU-Kommission Beschwerde gegen die Kohle-Entschädigungen eingelegt. Foto: Shutterstock

Wir finden, dass Unternehmen für klimaschädliches Wirtschaften nicht noch mit Milliarden belohnt werden sollten. Deshalb haben wir dieses Jahr auf europäischer Ebene Beschwerde eingelegt gegen die absurd hohen Entschädigungen, die RWE & Co für die Abschaltung der Kohlekraftwerke kriegen sollen. Für eine ernsthafte Entschädigung müsste zuerst die Schadenshöhe ermittelt werden, jede Zahlung darüber hinaus ist Wettbewerbsverzerrung. An dieses simple Prinzip der Transparenz und Nachvollziehbarkeit wollte sich die Bundesregierung nicht halten. Daher hat die Kommission nun beschlossen, erneut zu prüfen, ob die Höhe der Entschädigungs-Zahlungen an die fossilen Braunkohle-Riesen RWE, LEAG und MIBRAG mit EU-Recht kompatibel sind. Ob sie den Zahlungen noch zustimmt oder nicht – eines steht für das nächste Jahr auf jeden Fall fest: Unser gemeinsames Engagement ist weiter dringend nötig. Auch 2021 werden wir alles für wirksamen Klimaschutz und für 100 Prozent Erneuerbare Energien in Deutschland geben.

Mehr Infos zu unseren Aktivitäten gegen die Kohleverstromung und zu Solarstrom plus unter https://green-planet-energy.de/solarstrom-plus.html