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EnergiewendeEnergiepolitikGutachten: Windenergie-Ausbau soll "im öffentlichen Interesse" liegen

Gutachten: Windenergie-Ausbau soll „im öffentlichen Interesse“ liegen

Der naturverträgliche Bau neuer Windanlagen an Land liegt im „öffentlichen Interesse“ und sollte daher leichter genehmigt werden. Zu diesem Schluss kommt ein neues Rechtsgutachten, das die Anwältin Dr. Roda Verheyen im Auftrag des Ökoenergieanbieters Greenpeace Energy erstellt hat. Die gesetzliche Einordnung als im „öffentlichen Interesse“ würde neue Windkraftprojekte genehmigungsrechtlich anderen Infrastrukturvorhaben gleichstellen und so ihre Umsetzung erleichtern. Rechtlich verankert werden müsse dies idealerweise in einem neu zu schaffenden „Windenergie-an-Land-Gesetz“, so das Gutachten.

Eine Frau mit Brille steht vor herbstlichen Bäumen
Rechtsanwältin Dr. Roda Verheyen stellte das Gutachten vor. Foto: privat; Foto oben: Sabine Vielmo / Greenpeace Energy eG

„Die Bundesregierung muss bessere Bedingungen für Zukunftstechnologien wie die Windenergie schaffen. Die dringend nötige ökologische Modernisierung unserer Wirtschaft sollte sowohl mit Konjunkturhilfen nach der Corona-Krise als auch mit rechtlichen Rahmensetzungen zum Innovations- und Beschäftigungsmotor aufgestellt werden“, sagt Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser. „Der im Gutachten vorgeschlagene Rechtsrahmen würde auf einen Schlag zahlreiche Hürden aus dem Weg räumen, die den Bau neuer Windräder seit Langem blockieren“, ergänzt Sönke Tangermann, Vorstand bei Greenpeace Energy.

Der Bau neuer Windanlagen an Land ist in den vergangenen beiden Jahren massiv eingebrochen. 2019 entstanden so wenige neue Windräder wie noch nie in den vergangenen 20 Jahren. Ohne einen deutlich beschleunigten Ausbau wird die Bundesregierung die Vorgaben des deutschen Klimaschutzgesetzes und die EU-Klimaziele nicht erreichen. Beides untermauert jedoch das öffentliche Interesse am Windkraftausbau. „Will man diese Verstöße nicht hinnehmen, brauchen wir einen Paradigmenwechsel beim Genehmigungsrecht und der Bereitstellung von Flächen für den Windkraftausbau“, sagt Rechtsanwältin Roda Verheyen.

Grafik Windkraft im öffentlichen Interesse
Eine Einordnung der Windkraft als „im öffentlichen Interesse“ würde neue Windenergieprojekte mit anderen Infrastrukturvorhaben gleichstellen und die Realisierung erleichtern.

Das Kurzgutachten empfiehlt, zumindest für größere Windparks an Land ein neues Fachplanungsrecht zu schaffen. Mit einem übergreifenden „Windenergie-an-Land-Gesetz“ und gegebenenfalls einer zentralen „Bundesbedarfsplanung“ für den Windkraftausbau würde der Bund mehr Kompetenzen bündeln. Die Planung neuer Windräder könnte so vereinfacht und beschleunigt werden. Zudem sollte laut Gutachten ein Bundesgesetz regeln, dass zwei Prozent der Landesflächen verbindlich für den Windausbau zur Verfügung gestellt werden. Bis die nationalen Ausbauziele erreicht sind, würde der Zubau auch einzelner Windenergieanlagen rechtlich als im öffentlichen Interesse gelten.

Sönke Tangermann in weißem Hemd mit verschränkten Armen über auf dem Tisch. Im Hintergrdun steht eine Modell-Windkraftanlage.
Greenpeace-Energy-Vorstand Sönke Tangermann fordert ein Ende der rechtlichen Diskriminierung von Windenergie-Projekten. Foto: Christine Lutz / Greenpeace Energy eG

„Damit ergibt sich eine deutlich bessere Planungssicherheit, was gut für den Klimaschutz, aber auch für Windbranche mit ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wäre“, so Verheyen. „Arten- und Naturschutzrecht müssten dafür nicht angetastet werden.“ Wie in vergleichbaren Fällen sollten Ausnahmegenehmigungen möglich sein. Würden diese gewährt, müssten entsprechende Ausgleichsmaßnahmen für Natur- und Artenschutz vorgenommen werden. „Die Windkraft darf gegenüber anderen Infrastrukturprojekten wie Straßen- und Stromnetzbau nicht länger diskriminiert werden. Es geht nicht um neue Privilegien, sondern um eine längst fällige planungsrechtliche Gleichbehandlung“, so Sönke Tangermann.

Info Das Rechtsgutachten zum „Windenergie-an-Land-Gesetz“ sowie weitere Materialien zum Thema finden Sie hier zum Download.

Christoph Rasch
Christoph Rasch
Arbeitete lange als Journalist und Autor für Tageszeitungen, Magazine und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Seit dem Frühjahr 2014 im Bereich Politik und Kommunikation bei Green Planet Energy tätig.